INSM-Marktwirtschaftsbarometer 2024

Mit dem INSM-Marktwirtschaftsbarometer 2024 beantworten wir uns die Frage, wie marktwirtschaftlich die Deutschen eigentlich denken: Insgesamt sehen wir dabei eine leichte Tendenz in Richtung Planwirtschaft. Politisch lässt sich dabei eine klare Lagerbildung zwischen den Anhängerschaften der Grünen, Linken sowie der SPD vs. die Anhänger von CDU/CSU, FDP und AfD erkennen. Vor allem Selbstständige treten als Befürworter der freien Marktwirtschaft auf, während jüngere Menschen im Alter von 18 bis 29 Jahren, Studierende und Auszubildende in der Wirtschaftspolitik eher einen starken Staat bevorzugen. 

Zum zweiten Mal hat das Meinungsforschungsinstitut Civey im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) Anfang Dezember rund 5000 Menschen ab 18 Jahren in Deutschland repräsentativ zu einer Vielzahl an Themen wie Mindestlohn, Klimaschutz, Chancengleichheit oder Einkommens- und Vermögensverteilung befragt. Im Kern ging es jeweils um die Frage, ob die Menschen auf mehr Staat oder mehr Markt setzen. Daraus berechnete Civey das INSM-Marktwirtschaftsbarometer 2024.

Das INSM-Marktwirtschaftsbarometer ergibt auf einer Skala von minus 100 (rein planwirtschaftlich) bis plus 100 (rein marktwirtschaftlich) einen Durchschnittswert aller Befragten von minus 5 Punkten.

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Überraschend: In derselben Umfrage haben wir die Menschen auch nach ihrer Selbsteinschätzung gefragt, also ob sie sich eher ein Wirtschaftssystem mit weitreichender staatlicher Regulierung wünschen oder eher eine Marktwirtschaft ohne staatliche Eingriffe. Hier spricht sich eine Mehrheit (56 Prozent) für die freie Marktwirtschaft aus, nur rund 16 Prozent wünschen sich ein System mit weitreichender staatlicher Regulierung. Zum Verständnis: Diese Frage zur Selbsteinschätzung floss nicht in die Berechnung des Barometers ein, sondern diente als Kontrollfrage.

Fazit: Selbstwahrnehmung und Realität gesehen auseinander — die Deutschen halten sich für marktwirtschaftlicher als sie es eigentlich sind.

Gerade deshalb lohnt sich ein Blick in die Einzelfragen! Es zeigt sich, die Einstellung schwankt von Thema zu Thema zum Teil sehr stark. Hier die wichtigsten Erkenntnisse:

Hier ticken die Deutschen eher marktwirtschaftlich…

1. Mindestlohn

Knapp die Hälfte der Befragten (46,6 Prozent) bevorzugt, dass Mindestlöhne zwischen Vertretern von Arbeitgebern und Arbeitnehmern ausgehandelt werden, anstatt durch die Politik festgelegt zu werden. Letzteres wird nur von einem Drittel der Befragten (32,4 Prozent) bevorzugt.

Eine deutliche Zustimmung zur Aushandlung von Mindestlöhnen zeigt sich vor allem bei Anhängern der FDP (77,7 Prozent) und der CDU/CSU (63,1 Prozent). Hingegen präferieren Anhänger der Linken (68,2 Prozent), der Grünen (53,8 Prozent) und der SPD (50,5 Prozent) eher eine politische Festlegung.

Sollte ein verbindlicher Mindestlohn Ihrer Meinung nach eher zwischen den Vertretern von Arbeitgebern und Arbeitnehmern ausgehandelt oder eher durch die Politik festgelegt werden?

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2. Klimaschutz

Beim Klimaschutz setzen die Deutschen auf Innovation statt auf Regulierung. 45,1 Prozent der Befragten sehen wirtschaftliche und wissenschaftliche Innovationen als die wirksamste Maßnahme gegen den menschengemachten Klimawandel, während nur 10,8 Prozent staatliche Regulierung als geeigneten Ansatz betrachten. Mehr als ein Drittel hält beides für wichtig.

Besonders unter den Wählern von FDP (80,1 Prozent) ist die Präferenz für Innovation stark ausgeprägt. Im Gegensatz dazu tendieren Wähler der Linken und der Grünen dazu, sowohl Innovationen als auch staatliche Regulierung als zentrale Instrumente im Kampf gegen den Klimawandel zu sehen (53,8 Prozent bzw. 59,8 Prozent).

Kann man dem Klimawandel Ihrer Meinung nach eher durch staatliche Regulierungen oder eher durch Innovationen aus Wirtschaft und Wissenschaft entgegenwirken?

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3. Chancengleichheit

Die Deutschen glauben an gleiche Chancen für alle. Mehr als zwei Drittel der Befragten geben an, dass Chancengleichheit für sie wichtiger ist als ein gleicher Wohlstand. Diese Einstellung ist in den westlichen und östlichen Bundesländern ähnlich stark vertreten.

Der Wunsch nach gleichen Chancen ist besonders ausgeprägt bei Anhängern der FDP (95,4 Prozent), Beamten und Selbstständigen (81,5 Prozent bzw. 82,1 Prozent) sowie Anhängern der CDU/CSU (82,6 Prozent).

Was ist Ihrer Meinung nach wichtiger: dass alle Menschen gleich wohlhabend sind oder dass alle Menschen die gleichen
Chancen haben, wohlhabend zu werden?

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Hier ticken die Deutschen eher planwirtschaftlich…

4. Öffentlicher Betrieb von Infrastruktur

Die große Mehrheit der Befragten (76,3 Prozent) spricht sich dafür aus, dass Infrastruktureinrichtungen, wie Telekommunikation oder Krankenhäuser, in Zukunft verstärkt öffentlich betrieben werden sollten. Lediglich 8,9 Prozent bevorzugen hingegen eine stärkere private Trägerschaft. Die deutlichste Neigung zu einer verstärkt privat betriebenen Infrastruktur zeigt sich bei den FDP-Wählern mit 32,3 Prozent.

Sollten Infrastruktureinrichtungen (z.B. Telekommunikation, Krankenhäuser) Ihrer Meinung nach zukünftig vermehrt öffentlich oder vermehrt privat betrieben werden?

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5. Preisregulierung für lebensnotwendige Güter

Jeder zweite Befragte ist der Meinung, dass die Preise für lebensnotwendige Güter staatlich reguliert werden sollten. Ein Viertel lehnt dies ab, während ein Fünftel unentschlossen ist. In Ostdeutschland ist der Wunsch nach staatliche Preisregulierung stärker ausgeprägt als im Westen.

Sollten Preise für lebensnotwendige Güter (z.B. Strom, Nahrung) Ihrer Meinung nach staatlich reguliert werden?

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6. Sozialversicherungen

Wenn es um soziale Absicherung geht, wünschen sich mehr als die Hälfte der Deutschen, dass diese direkt vom Staat verwaltet wird. Lediglich 10,6 Prozent sehen diese Aufgabe eher bei privaten Unternehmen. Jeder dritte Befragte kann sich eine gemeinsame Verantwortung von Staat und Privatwirtschaft vorstellen.

Unter den FDP-Wählern sieht nur ein geringerer Anteil von 28,9 Prozent den Staat in der Pflicht, die soziale Absicherung zu übernehmen. Stattdessen hält etwa jeder Dritte aus dieser Gruppe private Vorsorgeversicherungen für die geeignete Instanz. Unionsanhänger sind in dieser Frage eher gespalten.

Sollten soziale Absicherungen (z.B. Renten-, Krankenversicherungen) Ihrer Meinung nach eher durch staatliche
Sozialversicherungen oder eher durch private Vorsorgeversicherungen gewährleistet werden?

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Höchste Zeit, zu handeln!

Das mangelnde Vertrauen in die Soziale Marktwirtschaft muss uns alle alarmieren. Denn unsere Wirtschaft steckt in der Krise. Die deutsche Wirtschaft schrumpft. Heimische Unternehmen wandern ab. Internationale Investoren bleiben fern. Als Standort verlieren wir rasant an Attraktivität. Die Lage ist ernst, die Politik muss das Ausmaß der Krise endlich begreifen und entschlossen handeln.

Deshalb unser gemeinsamer Appell: SOS — Die Wirtschaft ruft um Hilfe. Branchenübergreifend und mit einer Stimme. Denn es betrifft uns alle: von der Metall- und Elektroindustrie bis zur Landwirtschaft, vom Außenhandel bis zum Baugewerbe.

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