INSM-Gutachten: Wachstumseffekte und Wachstumshebel (Teil 1)
Das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) untersucht, wie sich unterschiedliche Wachstumssteigerungen durch eine Erhöhung der Produktivität auf Wirtschaftskraft, Einkommen und Sozialversicherung bis 2040 auswirken. Das Ergebnis: Mit einem Anstieg der Produktivität kann Deutschland die aktuelle Phase der wirtschaftlichen Stagnation überwinden und die materiellen Lebensumstände seiner Bürger spürbar verbessern. Schon kleine jährliche Wachstumsraten summieren sich über die Jahre deutlich auf.
Kernaussagen:
1. Deutschland stagniert – und verliert pro Kopf an Wohlstand
Seit 2019 ist die deutsche Wirtschaftsleistung kaum gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt 2025 auf dem Vor-Corona-Niveau, während die Bevölkerung um rund 1,6 Millionen Menschen zugenommen hat – das BIP pro Kopf ist dadurch um 1,5 Prozent gesunken.
2. Die Alterung der Bevölkerung arbeitet gegen uns
Der demografische Wandel verschärft den Trend: Mit dem Eintritt der Babyboomer in den Ruhestand sinkt der Arbeitseinsatz laut IfW bis 2035 je nach Zuwanderung und Erwerbsquote um 0,1 bis 3,8 Prozent.
3. Produktivitätsschub erhöht BIP pro Kopf deutlich
Das IfW hat drei langfristige Wachstumsszenarien durch eine Zunahme der Produktivität berechnet und mit einem realistischen Alternativszenario bei Ausbleiben von Reformen verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass selbst kleine Unterschiede bei der Produktivität über die Jahre viel bewirken. So erhöht ein dauerhaftes Produktivitätswachstum von 0,5 Prozent pro Jahr das BIP pro Kopf bis 2040 um fast 8 Prozent. Bei einem dauerhaften Produktivitätswachstum von 1 Punkt sind es mehr als 16 Prozent.
4. Deutliche Nettolohn-Zuwächse brauchen hohe Produktivitätszuwächse
Aufgrund der absehbar deutlich steigenden Beiträge zu den Sozialversicherungen braucht es deutliche Produktivitätssteigerungen, damit die Nettolöhne spürbar steigen. Bei einem Produktivitätswachstum von 0,5 Prozent pro Jahr steigt das reale Nettolohneinkommen bis 2030 gerade einmal um 0,7 Prozent (+235 €). Erst bei einem jährlichen Produktivitätswachstum von 1,5 Prozent ergibt sich ein Plus von 5,8 Prozent (+1 976 €).
4. Rentenbeiträge nur mit stärkerem Wachstum stabil zu halten
Um den Anstieg der Rentenbeiträge unter aktuellen gesetzlichen Regeln zu verhindern, wäre laut IfW in den Jahren 2026 bis 2035 ein produktivitätsbedingtes Wachstumsplus von rund 2 Prozent jährlich nötig. Erst ab Mitte der 2030er-Jahre sinkt der erforderliche Zusatzimpuls bis auf etwa 0,5 Prozent, wenn die Babyboomer vollständig im Ruhestand sind.
Forderung der INSM
Das Gutachten zeigt deutlich: Deutschlands Wachstumsschwäche ist strukturell. Eine durch Produktivitätssteigerungen wachsende Wirtschaft würde Einkommen deutliche erhöhen und Sozialversicherungen sowie Staatsfinanzen entlasten. Entscheidend sind Reformen, die Innovation, Investitionen und Beschäftigung fördern – etwa durch schnellere Genehmigungsverfahren, Bürokratieabbau, bessere Bildungs- und Forschungsbedingungen sowie eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren. Im Fazit des IfW-Gutachtens heißt es sehr treffen: „Produktivitätsfortschritte sind der Schlüssel, um Wohlstand und Sozialstaat langfristig zu sichern“.










