INSM-Bildungsmonitor 2025: bessere Daten und mehr Schulautonomie für eine höhere Schulqualität
Der INSM-Bildungsmonitor 2025 zeigt deutliche Verschlechterungen in zentralen Bereichen des deutschen Bildungssystems. Die Untersuchung, die bereits zum 22. Mal vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) durchgeführt wurde, analysiert, in welchen bildungspolitischen Handlungsfeldern Fortschritte erzielt wurden und wo dringender Handlungsbedarf besteht.
Zusammenfassung der Ergebnisse
Steigende Anforderungen durch gesellschaftliche Transformationen
Die Herausforderungen von Digitalisierung, Dekarbonisierung, Demografie und Deglobalisierung führen zu einer Transformation der Gesellschaft sowie steigenden Innovationsbedarfen. Hierfür gilt es, alle Fachkräftepotenziale optimal zu heben, um Wohlstand und Wachstum, aber auch um die Teilhabechancen des Einzelnen zu sichern. Die hohe Bedeutung der Bildungspolitik für die Zukunft der Volkswirtschaft wird auch in einer Unternehmensbefragung des IW deutlich. Die Unternehmen wurden um ihre Einschätzung gebeten, wie bedeutsam bestimmte Bedingungen und Faktoren für die Bewältigung der Transformation (Digitalisierung, Dekarbonisierung, Demografie, Deglobalisierung) sind. Die Unternehmen konnten auf einer Skala von 0 (völlig unwichtig) bis 100 (unbedingt erforderlich) bewerten. Die Ergebnisse zeigen, dass der Median der Antworten bei der Forderung nach mehr Investitionen in das Bildungssystem bei 96 liegt.
Die Bedeutung des Bildungssystems erstreckt sich von den KITAs über die Schulen und die berufliche Bildung bis zu den Hochschulen.
Rückgang in Schulqualität, Bildungschancen und Bildungsarmut
Gerade in den von den Schulen geprägten Handlungsfeldern Schulqualität, Bildungsarmut und Integration zeigen sich dabei im Bildungsmonitor besondere Herausforderungen. Gegenüber dem INSM-Bildungsmonitor 2013 haben sich die Ergebnisse deutlich verschlechtert (Integration/Bildungschancen: – 43,8, Schulqualität: -28,2, Bildungsarmut: -26,0).
Trotz des allgemein negativen Trends gibt es auch positive Entwicklungen, etwa in den Bereichen Internationalisierung (+34,1 Punkte), Förderinfrastruktur (+18,3 Punkte) und Betreuungsbedingungen (+18,2 Punkte). Bei der Internationalisierung zeigen sich etwa ein steigender Anteil internationaler Studierender an deutschen Hochschulen und bessere Fremdsprachenkenntnisse der Jugendlichen.
Wichtig sind Maßnahmen, die dazu beitragen, die Potenziale der Zuwanderung im Bildungssystem besser zu heben. Solche Maßnahmen wurden bereits im Bildungsmonitor 2024 abgeleitet und sind weiterhin von hoher Bedeutung. Zu den genannten Maßnahmen zählen der Ausbau der frühkindlichen Förderung, die Stärkung der Sprach- und Leseförderung, die Ausweitung der Teilnahme an hochwertiger Infrastruktur, der Ausbau multiprofessioneller Teams, die Schaffung von Familienzentren an Grundschulen, der Ausbau von Mentoring-Programmen, die Ausweitung der digitalen Infrastruktur und gezielte zusätzliche Bildungsausgaben via Sozialindex. Maßnahmen im Bildungssystem wie die Zuwanderung über die Hochschulen oder eine Ausweitung des Startchancenprogramms können die öffentlichen Haushalte mittel- bis langfristig deutlich stärken. Im INSM-Bildungsmonitor steht darüber hinaus im Fokus, wie durch mehr Empirieorientierung und Handlungsfreiheit an Schulen die Effektivität der eingesetzten Mittel gesteigert werden kann, um zu besseren Ergebnissen bei Schulqualität, Bildungsarmut und Bildungschancen zu kommen.
Die Bundesländer im Einzelnen
INSM-Bildungsmonitor 2025 - Ranking der Bundesländer
1. Sachsen
Sachsen bleibt weiterhin an der Spitze des Rankings und belegt den ersten Platz im INSM-Bildungsmonitor 2025. Sachsen erreicht vier Spitzenplätze in den Handlungsfeldern Förderinfrastruktur, Schulqualität, Bildungsarmut und Forschungsorientierung. Verbesserungsbedarf besteht in Sachsen vor allem bei den Betreuungsbedingungen.
2. Bayern
Bayern belegt den zweiten Platz. Das Bundesland ragt mit insgesamt sechs zweiten Plätzen heraus. Verbesserungsbedarf gibt es trotz Fortschritten weiterhin bei der Förderinfrastruktur.
3. Hamburg
Hamburg belegt insgesamt den dritten Platz. Hamburg belegt erste Plätze in zwei Bereichen – bei der Internationalisierung und bei den Betreuungsbedingungen. Trotz großer relativer Fortschritte im Vergleich zu den anderen Bundesländern bleiben Verbesserungspotenziale bei der Bildungsarmut und der Schulqualität
4. Baden-Württemberg
Baden-Württemberg verbessert sich auf den vierten Platz. Baden-Württemberg erreicht Spitzenplätze in den Handlungsfeldern Digitalisierung, Zeiteffizienz und berufliche Bildung, hat aber wie Bayern Verbesserungsbedarf bei der Förderinfrastruktur.
5. Thüringen
Thüringen verschlechtert sich auf den fünften Platz und zeigt solide Ergebnisse in mehreren Bildungsbereichen. Thüringen erreicht einen ersten Platz bei der Ausgabenpriorisierung, hat hingegen den größten Verbesserungsbedarf bei der Integration.
6. Hessen
Hessen verbessert sich auf den sechsten Platz und zeigt starke Ergebnisse in den Feldern Integration, Förderinfrastruktur und Betreuungsbedingungen. Besonders hervorzuheben ist der geringe Anteil ausländischer Schulabgänger ohne Abschluss. Verbesserungsbedarf besteht jedoch bei der Digitalisierung, Internationalisierung, Schulqualität und Forschungsorientierung.
7. Saarland
Das Saarland verschlechtert sich auf den siebten Platz. Gute Ergebnisse weist das Saarland bei der Ausgabenpriorisierung, bei der Zeiteffizienz, der Digitalisierung, im Bereich Hochschule/MINT und den Betreuungsbedingungen auf. Verbesserungspotenzial besteht vor allem bei der Internationalisierung, Forschungsorientierung und der Bildungsarmut.
8. Schleswig-Holstein
Schleswig-Holstein verbessert sich auf den achten Platz und hat Stärken in den Bereichen Zeiteffizienz, Bildungsarmut und Schulqualität. Verbesserungspotenzial besteht in den Feldern Hochschule/MINT, Inputeffizienz, Forschungsorientierung und Förderinfrastruktur.
9. Mecklenburg-Vorpommern
Mecklenburg-Vorpommern verbessert sich auf den neunten Platz und weist in den Handlungsfeldern Forschungsorientierung, Integration, Bildungsarmut und Förderinfrastruktur Stärken auf. Verbesserungspotenzial besteht in Mecklenburg-Vorpommern in den Handlungsfeldern Zeiteffizienz, Ausgabenpriorisierung, Betreuungsrelationen und Hochschule/MINT.
10. Niedersachsen
Niedersachsen verschlechtert sich auf den zehnten Platz. Niedersachsen ist stark bei Forschungsorientierung, Ausgabenpriorisierung und Integration. Verbesserungspotenzial besteht in Niedersachsen vor allem in den Handlungsfeldern Hochschule/MINT, Internationalisierung, Inputeffizienz und Förderinfrastruktur.
11. Berlin
Berlin verbessert sich auf Platz elf. Berlin weist in den Feldern Inputeffizienz, Betreuungsbedingungen, Förderinfrastruktur, Hochschule/MINT, Internationalisierung und Forschungsorientierung Stärken auf. Verbesserungspotenzial besteht in den Handlungsfeldern Berufliche Bildung, Bildungsarmut, Schulqualität und Integration.
12. Rheinland-Pfalz
Rheinland-Pfalz verschlechtert sich auf den zwölften Platz. Die Stärken von Rheinland-Pfalz liegen in den Handlungsfeldern Internationalisierung und berufliche Bildung. Verbesserungspotenzial besteht in Rheinland-Pfalz vor allem bei der Forschungsorientierung, der Inputeffizienz und Digitalisierung.
13. Sachsen-Anhalt
Sachsen-Anhalt verschlechtert sich auf den 13. Platz. Sachsen-Anhalt weist Stärken in den Handlungsfeldern Schulqualität und Förderinfrastruktur auf. Verbesserungspotenzial besteht vor allem bei der Inputeffizienz, Integration, Digitalisierung, Zeiteffizienz, Ausgabenpriorisierung und den Betreuungsbedingungen.
14. Nordrhein-Westfalen
Nordrhein-Westfalen belegt den 14. Platz. NRW weist bei Zeiteffizienz und Digitalisierung Stärken auf. Verbesserungspotenzial besteht in den Bereichen Ausgabenpriorisierung, Internationalisierung, berufliche Bildung und Bildungsarmut.
15. Brandenburg
Brandenburg liegt auf dem 15. Platz und hat Stärken in den Handlungsfeldern Integration (erster Platz), Inputeffizienz und Internationalisierung. Verbesserungspotenzial besteht bei den Bereichen Hochschule/ MINT, Digitalisierung, Zeiteffizienz, Betreuungsbedingungen, Forschungsorientierung und berufliche Bildung.
16. Bremen
Bremen belegt den letzten Platz im Bildungsranking. Bremen weist Stärken in den Handlungsfeldern Hochschule/MINT (erster Platz), Betreuungsbedingungen und Digitalisierung auf. Verbesserungspotenzial besteht in Bremen bei der Bildungsarmut, der Schulqualität, der Ausgabenpriorisierung, Förderinfrastruktur und der Integration (jeweils letzter Platz).
Was jetzt zu tun ist
Der diesjährige Bildungsmonitor steht klar unter der Überschrift: mehr Empirieorientierung für mehr Qualität
Die Bemühungen der Länder bei Bildungsausgaben, Betreuungsrelationen und Förderinfrastruktur haben nicht gereicht, die Verschlechterungen in den Handlungsfeldern Schulqualität, Bildungsarmut und Bildungsgerechtigkeit/Integration zu verhindern.
Es sind weitere gezielte Zusatzausgaben für die Bildung (Startchancenprogramm etc.) nötig. Eigene Berechnungen zu den PISA-Daten zeigen: Mehr Handlungsfreiräume für Schulen in Kombination mit einer Evaluation der Schulen bzw. von Lernstandserhebungen können positive Effekte auf die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler haben. In Ländern wie Dänemark, Kanada, Schweden und dem Vereinigten Königreich werden bessere Ergebnisse bei der Bildungsgerechtigkeit und dem Verhindern von Bildungsarmut erreicht. In diesen Ländern haben die Schulen mehr Verantwortung für die Ressourcen und die Bildungsinhalte. Zudem werden die Ergebnisse von standardisierten Tests dort stärker zur Steuerung der Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler, zur Beurteilung des jährlichen schulischen Fortschritts und zur Verbesserung von Unterricht und Lernplan eingesetzt. Die Schülerinnen und Schüler glauben in diesen Ländern auch, besser auf ihren Weg nach dem letzten Jahr der Schulpflicht vorbereitet zu sein und mehr gelernt zu haben, was in einem Beruf nützlich ist.
Als Ableitung sollten die Schulen mehr Autonomie erhalten, es sollten Ziele wie die Sicherstellung der Ausbildungsfähigkeit, der Abbau von Bildungsarmut und die Reduzierung der Ungleichheit der Bildungschancen klar definiert werden. Wichtig ist die Orientierung an klar definierten bundesweiten Bildungsstandards. Eine Kultur datengestützter Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung sollte geschaffen und zusätzliche Daten sollten erhoben werden, etwa durch Sprachstandserhebungen für 4-Jährige, Vergleichsarbeiten bei mindestens zwei unterschiedlichen Klassenstufen je Schule zur Kompetenzentwicklung und durch die Erfassung individueller Bildungsverläufe (Schüler-ID). Ferner sind eine Ausweitung der Standards auf weitere Kompetenzbereiche (IT, Medien) und mehr datengestützte Berufsorientierung wünschenswert.
Bevölkerung unterstützt empirieorientierte Reformen
Eine aktuelle Personenbefragung des IW unterstützt diese Forderungen. Insgesamt sind 42 Prozent der befragten Personen mit den allgemeinbildenden Schulen in ihrem Bundesland sehr oder eher unzufrieden. Noch am ehesten sind die Personen aus Bayern und Hamburg mit den Schulen ihres Bundeslandes zufrieden. Die Personen in Westdeutschland sind leicht zufriedener als in Ostdeutschland.
Befragt danach, welche Reformen die Personen befürworten, um die Qualität im Schulsystem zu verbessern, stimmen Personen mit einem Schulkind im Haushalt folgenden Maßnahmen eher oder voll und ganz zu:
- Verpflichtender Sprachtest im Alter von 4 Jahren, bei Bedarf mit anschließend verpflichtender Sprachförderung: 71,1 Prozent.
- Datengestützte Berufsorientierung, um Begabungen und Interessen besser mit regionalen Ausbildungs- und Arbeitsmarktangeboten abzustimmen: 67,6 Prozent.
- Mehr Gestaltungsfreiheit für die Schulen: 67,0 Prozent.
- Jährliche standardisierte Leistungstests, deren Ergebnisse zur Qualitätsverbesserung genutzt werden: 65,6 Prozent.
- Einführung einer anonymisierten Schüler-ID, um bei Bedarf unterstützende Bildungsangebote anbieten zu können: 55,6 Prozent.
- Veröffentlichung der Ergebnisse schulischer Leistungstests in der Öffentlichkeit: 45,6 Prozent.
Mit Ausnahme der Veröffentlichung der Leistungstests in der Öffentlichkeit überwiegen die Zustimmungswerte deutlich den Anteilen der Personen, die den Maßnahmen nicht zustimmen.
INSM Bildungsmonitor 2025 Pressekonferenz
Autor:

Prof. Dr. Axel Plünnecke ist Leiter des Themenclusters Bildung, Innovation, Migration beim Institut der deutschen Wirtschaft.