INSM-Position zu den Koalitionsverhandlungen: Rente
Die Boomer-Rente ist ein Boomerang. Ohne Reform des Rentensystems in Deutschland fliegen uns die Beiträge um die Ohren.
Der demografische Wandel macht es immer teurer und ineffektiver – zulasten jüngerer Generationen. Der Altenquotient, das Verhältnis der Über-65-Jährigen zu den 20- bis 64-Jährigen, wird sich bis 2060 verdoppeln. Die Anzahl aller Erwerbstätigen wird sich bis 2060 um fast 30 Prozent reduzieren; von 47 auf 30 Millionen. Das Umlagesystem der gesetzlichen Rente, bei dem aktuelle Beitragszahler für aktuelle Rentner zahlen, gerät auf diese Weise rein mathematisch immer mehr in Schieflage.
Verhandler von Union und SPD steuern in die falsche Richtung
Leider findet sich von diesen gewaltigen Problemen nichts in den bisherigen Verhandlungsergebnissen von Union und SPD. Wie schon im Wahlkampf scheinen die beiden Parteien vor den gewaltigen Herausforderungen des demografischen Wandels die Augen zu verschließen: Statt das System nachhaltig zu reformieren und teure sowie unsoziale Fehlanreize wie die „Rente mit 63“ abzuschaffen, wollen die Verhandler noch weitere Leistungsausweitungen auf Kosten der jungen Generation beschließen: Sie wollen den Nachhaltigkeitsfaktor abschaffen und die Mütterrente abermals erhöhen. All das ist unsozial – stattdessen brauchen wir eine soziale Ausrichtung der Altersvorsorge über mehrere Säulen.
Die INSM-Position zu den Rentenplänen in den Koalitionsverhandlungen:
Die Abschaffung des Nachhaltigkeits-Faktors ist unsozial, weil er die Kosten des demografischen Wandels einseitig den jungen Menschen aufbürdet!
- Der Nachhaltigkeits-Faktor sorgt ab 2026 dafür, dass der Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge zwischen Rentnern und Beitragszahlern fair aufgeteilt wird
- Eine Abschaffung des Nachhaltigkeits-Faktors (durch dauerhaftes Rentenniveau von 48 Prozent) würde in den kommenden 20 Jahren zusätzliche 520 Mrd. Euro kosten. Die Beiträge müssten bis 2030 zusätzlich um 0,4 Prozentpunkte steigen; im weiteren Verlauf nochmals um 1,1 Prozent.[1]
- Junge Menschen werden aber ohnehin schon durch den demografischen Wandel hart getroffen: Der Beitragssatz zur Rentenversicherung wird bereits jetzt bis 2035 von aktuell 18,6 Prozent um mindestens 2 Prozentpunkte steigen.[2]
- Außerdem: Wenn pauschal alle Renten dauerhaft genauso steigen wie die Löhne, dann profitieren Menschen mit hoher Rente mehr als Menschen mit geringer Rente
> Daher: Der Nachhaltigkeits-Faktor muss bleiben!
Die Mütterrente ist unsozial, weil keine Ungerechtigkeit besteht, die sie lösen müsste – und die ohnehin schon stark belastete junge Generation dafür zahlen muss!
- Eine weitere Erhöhung der Mütterrente kostet pro Jahr 4,5 Mrd. Euro[3] und belastet damit die junge Generation, die dafür in Form von Beiträgen oder höheren Steuern zahlen muss
- Wie schon weiter oben beschrieben: Junge Menschen werden durch den demografischen Wandel schon hart genug getroffen, mit einem von 18,6 um mindestens zwei Prozentpunkte steigenden Rentenbeitrag bis.[4]
- Wird die Mütterrente aus der Rentenkasse gezahlt, würden die Beiträge um weitere 0,25 Prozent steigen. Die bisherigen beiden Mütterrenten-Anpassungen kosten — Stand heute – bereits 1,25 Prozent.[5]
- Es profitieren lediglich Mütter, deren Kinder 2025 mindestens 34. Jahre alt werden, sie erhalten pro Kind und Monat 30 Euro mehr[6]
- Dass es für sie in der Vergangenheit keine Mütterrente gab, hatte einen guten Grund: Sie haben von anderen Rentenregeln profitiert. Sie können anders als jüngere Mütter „Rente nach Mindestentgeltpunkten“ in Anspruch nehmen. Sie gewährt ihnen einen Rentenaufschlag, wenn sie mindestens 35 Jahre eingezahlt haben und unterdurchschnittlich verdienen.
> Daher: Mütterrente verhindern!
Die „Rente mit 63“ ist unsozial, weil sie eine Umverteilung von unten nach oben darstellt!
- Die „Rente mit 63“ wurde offiziell eingeführt, um Menschen in körperlich sehr anstrengenden Berufen (z.B. Dachdeckern und Maurern), die nicht bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter arbeiten können, eine abschlagsfreie Rente zu ermöglichen
- Tatsächlich zeigt sich: Sie wird sehr stark von Personen mit körperlich wenig fordernden Tätigkeiten, etwa Führungskräfte im öffentlichen Dienst, [7] und mittleren statt geringen Einkommen[8] in Anspruch genommen
- Durch die stärker gestiegenen Beiträge aufgrund der zusätzlichen Kosten der „Rente mit 63“ werden Geringverdiener überproportional belastet, da für sie Sozialbeiträge den größeren Teil der Abzüge vom Lohn ausmachen
- Ein langsames Auslaufen der „Rente mit 63“ bis 2031 würde die Rentenkasse bis 2045 um rund 227 Milliarden Euro entlasten und den Rentenbeitrag um 0,5 Prozentpunkte geringer steigen lassen[9]
> Daher: „Rente mit 63“ ist unsoziale Umverteilung von unten nach oben und muss abgeschafft werden!
Eine Altersvorsorgepolitik über mehrere Säulen ist sozial, weil sie die junge Generation nicht zu stark belastet – indem sie die Schwächen des Umlageverfahrens in der Gesetzlichen Rente mit den Stärken der Kapitalmarktdeckung kombiniert!
- Die Rentendebatte muss vom Kopf auf die Füße gestellt werden: Das Umlageverfahren der Gesetzlichen Rente kann in einer schrumpfenden und alternden Gesellschaft den Lebensstandard im Alter nicht mehr garantieren
- Es muss daher ergänzt werden um zusätzliche Vorsorge am Kapitalmarkt. Auch wenn Börsenkurse in der kurzen Frist immer wieder einbrechen – so wie auch im April 2025 – über einen langen Anlagezeitraum zahlen sich Kapitalmarktinvestitionen aus[10]
- Eine Kombination von Gesetzlicher Rente mit ergänzender kapitalgedeckter Vorsorge führt zusammengerechnet zu einem höheren Sicherungsniveau als die alleinige Absicherung über das Umlageverfahren – selbst wenn der Rentenbeitrag um weitere 4 Prozentpunkte angehoben würde[11]
- Da die Verbreitung der Riester-Rente dafür noch nicht ausreicht, [12] braucht es eine Neuaufstellung der privaten Vorsorge auf Aktienbasis z.B. in Form eines staatlich geförderten Altersvorsorgekontos, wie es im Jahr 2024 bereits im Deutschen Bundestag diskutiert wurde[13]
Quellen
[1] FAZ (2025): Koalitionsverhandlungen: Das bedeuten die Rentenpläne für jeden von uns
[2] IGES (2025): 250121-download-kurzbericht-pk-rekordanstieg-bei-sozialabgaben.pdf
[3] RP (2025): Mütterrente: CSU will Mütterrente angleichen, aber wer soll das bezahlen?
[4] IGES (2025): 250121-download-kurzbericht-pk-rekordanstieg-bei-sozialabgaben.pdf
[5] FAZ (2025): Koalitionsverhandlungen: Das bedeuten die Rentenpläne für jeden von uns
[6] FAZ (2025): Koalitionsverhandlungen: Das bedeuten die Rentenpläne für jeden von uns
[7] DIW (2024): DIW Berlin: Rente nach 45 Jahren: Auch Personen mit geringer Arbeitsbelastung gehen frühzeitig abschlagsfrei in Ruhestand
[8] IW (2022): „Rente mit 63”: Wer geht abschlagsfrei vorzeitig in den Ruhestand? – Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
[9] Prognos (2023): Rente mit 63 – Quo vadis?
[10] ZEW (2019): 19-11-15_gutachten_finaleslayout_clean.pdf
[11] Sachverständigenrat (2024, S. 344): Kapitel 5 – Alterungsschub und Rentenreformen
[12] Sachverständigenrat (2024, S. 340): Kapitel 5 – Alterungsschub und Rentenreformen
[13] Deutscher Bundestag (2024): Deutscher Bundestag – Entwurf zur privaten Altersvorsorge und Altersvorsorgedepots beraten