Das SOFORT-Programm für Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit
Die neue Regierung steht in den Startlöchern. Der Koalitionsvertrag wurde sowohl von Union als auch SPD angenommen. Am 06. Mai wird Friedrich Merz der zehnte deutsche Bundeskanzler. Die Vereinbarungen von Schwarz-Rot bieten vieles, was man aus ordnungspolitischer Sicht kritisieren muss – aber auch einiges, was die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands erhöhen kann. Die INSM hat im Koalitionsvertrag 10 Punkte identifiziert, die schnell umgesetzt werden können – und deshalb auch schnell umgesetzt werden sollten. Sie würden Deutschland wieder attraktiver machen für Arbeit und Investitionen.

In einem 100-Tage-Programm sollte die neue Regierung daher SOFORT:
1. Das Bürgergeld abschaffen und durch eine neue Grundsicherung ersetzen
Die Bürgergeld-Reform der Ampel war gut gemeint, hat aber nicht funktioniert. Das Resultat: Im Jahr 2024 bezogen 5,57 Millionen Menschen Bürgergeld-Leistungen, wovon fast 4 Millionen erwerbsfähig waren. Gleichzeitig meldet das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung rund 1,4 Mio. offene Stellen. Angesichts dieser Diskrepanz muss die Arbeitsmarktpolitik wieder zum alten Prinzip des Förderns und Forderns zurückkehren. Sie muss wieder verstärkt auf Anreize zur Arbeitsaufnahme und Sanktionen bei Verweigerung setzen. Die Reform des Bürgergeldes hat das Potenzial, dass mehr Menschen aus dem Bürgergeld in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wechseln. Dadurch werden die Sozialsysteme und der Haushalt entlastet sowie der grassierende Arbeitskräftemangel gelindert und auf diese Weise Wachstum und Konsum gesteigert.
2. Die Aktivrente mit einem steuerfreien Hinzuverdienst von 2000 Euro pro Monat einführen
Wie schon erwähnt: Der deutsche Arbeitsmarkt ächzt unter Arbeitskräftemangel. Rund 1,4 Millionen Stellen sind derzeit unbesetzt – und die Lage wird sich in den kommenden Jahren weiter zuspitzen, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen. Anreize für eine längere Erwerbstätigkeit durch die steuerfreie Hinzuverdienstmöglichkeit für Rentner in Höhe von 2000 Euro pro Monat könnten dem entgegenwirken. Eine solche Maßnahme würde nicht nur die Sozialversicherungssysteme stabilisieren, sondern auch den Bundeshaushalt entlasten. Wichtig bei der Umsetzung wird sein, dass die Aktivrente nur steuer- und nicht auch beitragsfrei gestellt wird. Zudem sollte sie erst ab dem regulären Renteneintrittsalter gelten und nicht mit der „Rente mit 63“ kombinierbar sein.
3. Degressive Abschreibung auf Investitionsgüter von 2025 bis 2027 einführen und mit dem Abbau der Körperschaftssteuer-Belastung ab 2028 beginnen
Die steuerliche Belastung von Unternehmen ist im internationalen Vergleich zu hoch. Mit einer Gesamtbelastung von 29,94 % zählt Deutschland zu den Spitzenreitern unter den Industrienationen. Während viele Länder die Unternehmenssteuern zwischen 2008 und 2022 deutlich gesenkt haben, ist in Deutschland seit der letzten großen Reform 2008 nichts passiert. Auch deswegen liegt Deutschland im internationalen Wettbewerbsranking weit abgeschlagen auf Platz 22. Vor diesem Hintergrund sind die vereinbarten degressiven Abschreibungsmöglichkeiten für Investitionsgüter von 30 Prozent für 2025, 2026 und 2027 kurzfristig zu wenig und greift die schrittweise Senkung der Körperschaftssteuer ab 2028 um jw. einen Prozentpunkt über fünf Jahre eindeutig zu spät – nichtsdestotrotz können beide Maßnahmen zusammen und in einem Gesetzgebungsprozess zeitnah beschlossen trotzdem ein Aufbruchssignal sein. Es wäre ein Zeichen an Unternehmen in Deutschland und der Welt, dass sich die Standortbedingungen auf mittlere Frist verbessern werden.
4. Das Lieferkettengesetz abschaffen
Der Erfüllungsaufwand der deutschen Wirtschaft durch Bürokratie hat sich in den letzten fünf Jahren mehr als verdreifacht. Das Lieferkettengesetz war dafür natürlich nicht allein verantwortlich, aber es wurde zum vielleicht größten Symbol dafür. Auch wurde es zum Symbol dafür, wie praxisfern viele politische Überlegungen sind: Wie soll ein Mittelständler in einer höchst-arbeitsteiligen Welt für die Einhaltung von Menschenrechtsstandards nach westlichem Vorbild bei allen zig Zulieferern entlang der Lieferkette garantieren? Und wieso fällt die deutsche Version davon deutlich strenger aus als der europäische Rahmen vorgibt? Die Abschaffung des Lieferkettengesetzes ist insofern ein wichtiges Signal an Unternehmen in Deutschland: Die Politik hat verstanden und macht die dringend notwendige Bürokratie-Wende.
5. Die Anwendung von Genehmigungsfiktionen ausweiten
Die neue Regierung hat sich ein konkretes Ziel beim Bürokratie-Abbau für die Wirtschaft gesetzt: 25 Prozent. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen jährliche Bürokratierückbaugesetze ressortscharf beschlossen werden. Um bei dem Thema schnell voranzukommen und insbesondere auch die beschlossenen Investitionsziele erreichen zu können, könnte in einem ersten grundsätzlichen Schritt die Anwendung von Genehmigungsfiktionen stark ausgeweitet werden. Die Idee: Wenn innerhalb von einer gesetzten Frist von z.B. drei Monaten ein Antrag noch nicht beschieden wurde, gilt er als genehmigt. Das würde Tempo in die oft stockenden Genehmigungsverfahren bringen und den Staat zum echten Dienstleister für Bürger und Unternehmen machen.
6. Das One-in-Two-out-Prinzip beschließen
Das bislang geltende One-in-One-out-Prinzip konnte den Aufwuchs von Bürokratielasten nachweislich nicht stoppen. Der Erfüllungsaufwand für die deutsche Wirtschaft hat sich seit 2020 mehr als verdreifacht. Daher ist die Weiterentwicklung zu einer One-in-Two-out-Regel sinnvoll: Mit jeder neuen gesetzlichen Pflicht würde automatisch doppelt so viel Bürokratie abgebaut – ein deutlich stärkerer Hebel zur Entlastung. Auch die angekündigte Berücksichtigung von EU-Regelungen ist absolut sinnvoll; schließlich haben viele Belastungen inzwischen ihren Ursprung in Brüssel. In einer Zeit wirtschaftlicher Unsicherheit wäre die Einführung von One-in-Two-out ein weiteres starkes Signal für eine Abkehr vom Bürokratismus in Deutschland.
7. Statistikpflichten deutlich reduzieren
Statistikpflichten nehmen im Rahmen der Berichtspflichten gerade für viele Mittelständler einen besonders ärgerlichen Platz ein – schließlich verursachen sie Aufwände, die (anders als z.B. Dokumentationen zum Arbeitsschutz) keinen unmittelbar erkennbaren Mehrwert für jemanden stiften. Eine gezielte Entschlackung dieser Pflichten könnte sofort und noch dazu ohne Kosten für den Staat erzielt werden. Auch hier ist der gesetzte Fokus auch auf EU-Regularien sinnvoll. Bei den fünf aufwendigsten Statistiken für die Wirtschaft soll die Übererfüllung von EU-Vorgaben abgeschafft werden. Hier kann also auch ein Wettbewerbsnachteil gegenüber europäischen Mitbewerbern abgeschafft werden.
8. Eine konkrete Roadmap für Staatsmodernisierung ausarbeiten
Die Modernisierung des deutschen Staates ist seit Jahren überfällig – nun erhält sie mit einem eigenen Ministerium und mit Herrn Wildberger als einem Mann aus der Praxis als Minister so viel Aufmerksamkeit wie noch nie. Umso wichtiger ist es jetzt, dass aus allgemeinen Ankündigungen endlich ein konkreter Plan wird. Dafür braucht es eine transparente Roadmap, die klar aufzeigt, was bis wann erreicht werden soll, wer wofür zuständig ist und wie der Fortschritt regelmäßig überprüft wird. Ohne verbindliche Meilensteine, klare Zuständigkeiten und ein kontinuierliches Reporting droht das Vorhaben im politischen Alltag zu versanden. Herr Wildberger sollte als Projektleiter verstanden werden, der mit seinem Projektteam (dem neuen Ministerium) in vier Jahren den deutschen Staat modernisiert – im besten Fall kann das Ministerium nach diesen vier Jahren wieder aufgelöst werden. Teil des 100-Tage-SOFORT-Programms sollte zwingend die Veröffentlichung des zugehörigen Projektplans gehören.
9. Eine neue EU-Initiative für neue Freihandelsabkommen starten
Deutschland ist mit einem Exportvolumen von rund 1,7 Billionen US-Dollar die drittgrößte Exportnation weltweit – offene Märkte und verlässliche Handelsbeziehungen sind damit ein zentraler Pfeiler unseres Wohlstands. Doch viele wichtige Freihandelsabkommen liegen seit Jahren auf Eis. Mehr noch: Das Agieren der amerikanischen Administration spricht für ein weiteres Erstarken des Protektionismus. Eine neue Initiative auf EU-Ebene wäre daher ein wichtiges Zeichen für regelbasierten internationalen Handel, von dem alle beteiligten Länder profitieren, indem sie ihre Lieferketten breiter aufstellen, neue Märkte erschließen und indem Preise für Konsumenten im Inland sinken. Angesichts zunehmender geopolitischer Spannungen und wachsender Abhängigkeiten kann Handelspolitik zudem einen wichtigen Beitrag leisten, Europa geostrategisch breiter aufzustellen.
10. Die Stromsteuer und Strom-Umlagen/Netzentgelten insg. um mindestens 5ct/KWh senken
Zu hohe Stromkosten sind ein weiterer Grund für das Abstürzen Deutschlands in internationalen Wettbewerbsrankings. Besonders die produzierende Industrie leidet darunter – sie ist energieintensiv und steht im harten Wettbewerb mit Standorten mit deutlich niedrigeren Energiekosten. Eine sofortige Senkung der Stromsteuer auf das EU-Mindestmaß sowie die Reduzierung von Umlagen und Netzentgelten um mindestens 5 ct/kWh könnten daher einen wichtigen Impuls setzen, um die deutsche Wirtschaft wieder anzukurbeln. Es wäre ein weiterer Schritt gegen die beobachtbaren Produktionsverlagerungen, die spürbare Investitionszurückhaltung und den Verlust industrieller Wertschöpfung.