Wie kann ein spürbarer Bürokratieabbau erreicht werden?

Die Studie des Instituts für Mittelstandsforschung skizziert zu Beginn den Ist-Zustand von Bürokratie in Deutschland und identifiziert Stärken, Schwächen und Verbesserungsbedarf bei Entwicklung und Abbau. Auf Grundlage eines Vergleichs zwischen DE, NL und GB und einer Unternehmensumfrage zur Wahrnehmung von bürokratischer Belastung formuliert sie an die Politik gerichtete Handlungsempfehlungen zur verbesserten Entwicklung und Abbau von Regulierungsvorschriften. Mit dem Ziel der Beantwortung der Frage: Wie kann spürbarer Bürokratieabbau erreicht werden?

Stärken und Schwächen Deutschlands beim Bürokratieabbau und Rechtsetzung

Deutschland im internationalen Vergleich mit den Niederlanden und Großbritannien

Niederlande

Die Niederlande setzen auf einen innovativen Ansatz zur Reduzierung von Bürokratie, im Programm „Umsetzbar-Messbar-Spürbar-Auffindbar“. Dabei arbeiten sie eng mit Unternehmen zusammen, vor allem durch   unbürokratische Online-Meetings von Unternehmen in denen neue Regulierungsvorschläge diskutiert und Verbesserungen erarbeitet werden. Die Ergebnisse fließen direkt in den Gesetzgebungsprozess ein. Als zukunftsweisende Maßnahme plant man die Einführung von auf KI-basierten Chatbots, um die Umsetzung von Regulierungen zu erleichtern. Das Gesamtziel ist die Reduktion von messbaren und psychologischen Bürokratiekosten sowie Opportunitäts- und Folgekosten. Durch die Kooperation mit Unternehmen und das konsequente Monitoring von Bürokratie sind der Niederlande gute Fortschritte im Bürokratieabbau gelungen.

Großbritannien

Großbritannien setzt auf eine Gesetzgebungsreform durch das „Better Regulation Framework“ (BRF), das auf frühzeitige Prüfung von Regulierungsalternativen setzt, darunter Selbstverpflichtungen und Anreize für Unternehmen. Die Reform zielt darauf ab, Gesetze nur bei klaren Beweisen für positive Ergebnisse und effiziente Umsetzung zu erlassen. Dabei fördert sie eine offene Kommunikations- und Fehlerkultur im Regulierungssystem und berücksichtigt kooperative Ansätze sowie Alternativen zur gesetzlichen Regulierung.

Großbritannien betrachtet Bürokratie als dynamischen Faktor im internationalen Standort- und Innovationswettbewerb. Das Gesamtziel ist ein flexibleres und innovationsfreundlicheres Regulierungssystem, das langfristigen wirtschaftlichen Wohlstand fördert, basierend auf den Prinzipien „enable and control“ sowie „regulation as a service“.

Ergebnisse der deutschlandweiten Online-Unternehmensbefragung

Im Rahmen einer deutschlandweiten Online-Unternehmensbefragung von August bis September 2023 wurden 1.325 Unternehmen mit und ohne Beschäftigte in Deutschland repräsentativ hochgerechnet. Die Unternehmen wurden in drei Wahrnehmungstypen unterteilt: Der verdrossene Typ, dominierend mit 2/3, verzeichnete einen Anstieg um fast 14 Prozentpunkte seit 2018. Der pragmatische Typ ging von knapp 37 % auf 26 % zurück, während der unbelastete Typ von knapp 10 % auf gut 7 % sank. Dabei werden die Wahrnehmungstypen durch empfundene Belastung, Verhältnismäßigkeit des Aufwandes und Emotionalität charakterisiert. Regional zeigte sich in Westdeutschland und Berlin eine Dominanz des verdrossenen Typs (jeweils 68 %), während in Ostdeutschland mehr Unternehmen dem pragmatischen Typ zugeordnet waren (37,5 %).

Komponenten der Bürokratiebelastung

In Deutschland wird eine hohe und zunehmende wahrgenommene Bürokratiebelastung festgestellt, die über Zeit- und Kostenaufwand hinausgeht.

Fast alle der befragten Unternehmen (90,2%) geben an sehr stark in ihrer Aufmerksamkeit, persönlichen Kraft und Energie durch Bürokratie belastet zu sein. Damit ist dies für die Unternehmen die größte Belastung, noch vor Zeit und Kostenaufwand.

Komponenten der psychologischen Kosten nach Wahrnehmungstypen

In allen drei Wahrnehmungstypen sind über 40 % der Unternehmen von Bürokratie verwirrt. Unter den Höchstbelasteten empfinden sogar fast 70% Wut, Zorn und Aggressionen gegenüber Bürokratie. Das zeigt, einen kollektiven Unmut der Unternehmen gegenüber den Regulierungsbestrebungen des Staates.

Was bedeutet das für die Geschäftstätigkeit der Unternehmen?

Die starke Bürokratiebelastung wirkt sich laut Unternehmen vielfältig negativ auf ihre Geschäftstätigkeit aus. In der Vergangenheit haben über 40% der Unternehmen bereits Investitionen nicht getätigt, weil die Bürokratiehürde zu hoch war. In Zukunft wollen aus diesem Grund fast 60% auf Investitionen verzichten. In Zukunft schätzen fast 80% der Unternehmenden, dass sie die Freude an ihrer unternehmerischen Tätigkeit aufgrund der starken Bürokratiebelastung, verlieren. Dies kann gerade für kleine und mittlere Unternehmen bedeuten das Geschäft ganz aufzugeben zu müssen.

Das ist eine besonders dramatische Entwicklung für den wichtigen Mittelstand in Deutschland.

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