Wie wirken Fiskalregeln?
Das Bundesverfassungsgericht hat das zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 für nichtig erklärt. Damit fehlen der Bundesregierung 60 Milliarden Euro im Klima- und Transformationsfonds, die aus den Corona Krediten umgeschichtet werden sollten. Die Folgen des Urteils dürften weitreichend sein. Jegliches Umgehen der deutschen Schuldenbremse wird schwieriger werden.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts befeuert nunmehr die Debatte um die deutsche Schuldenbremse. Gegner der Schuldenbremse nehmen das Urteil zum Anlass, gegen die Schuldenbremse zu wettern mit dem Ziel sie zu reformieren – das heißt zu lockern – oder am besten ganz abzuschaffen. Befürworter der Schuldenbremse wiederum haben nun Gelegenheit die Vorzüge der Schuldenbremse aufzuzeigen. Zur Bewertung der Vor- und Nachteile von Fiskalregeln wie der Schuldenbremse ist es hilfreich zu betrachten, wie Fiskalregeln wirken. Ich habe die wissenschaftliche Literatur zu ökonomischen Wirkungen von Fiskalregeln aufbereitet. Grundlage meiner Arbeit sind über 100 wissenschaftliche Studien. Fiskalregeln sind nützlich. Sie zwingen die Politik sehr sorgfältig zu prüfen, für welche Vorhaben Mittel verwendet werden sollen. Zusammenfassen kann man die Ergebnisse der empirischen Studien wie folgt:
Fiskalregeln beschränken einerseits den Handlungsspielraum von Politikern. Andererseits helfen sie der fehlenden Selbstbindung von Politikern entgegenzutreten, in der Gegenwart kräftig Geld auszugeben und dies durch neue Schulden zu finanzieren. Die empirischen Studien zeigen, dass Fiskalregeln Haushaltsdefizite und Schuldenstände wirksam reduzieren. Sie reduzieren Risikoprämien von Staatsanleihen, so dass weniger Staatsausgaben für den Schuldendienst aufgebracht werden müssen und stattdessen für andere Vorhaben verwendet werden können. Fiskalregeln beflügeln das Wirtschaftswachstum. Darüber hinaus legt die empirische Evidenz nicht nahe, dass Fiskalregeln öffentliche Investitionen verdrängen. Besser erforscht werden muss noch, inwieweit Politiker Fiskalregeln umgehen und aufgrund von Fiskalregeln Schulden über Schattenhaushalte machen.
Die deutsche Schuldenbremse sollte in ihrer gegenwärtigen Form erhalten bleiben. Die Politik sollte sich ernsthaft bemühen, sie einzuhalten, indem sie die gegenwärtige Verwendung von Staatsausgaben gewissenhaft prüft und nötige Reformen anstößt. Eine dringend notwendige Reform, die in der mittleren Frist auch die öffentlichen Haushalte entlasten würde, ist die Anpassung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung.
Die gesamte Studie von Prof. Dr. Potrafke finden Sie hier. Zu einer deutschen Kurzversion kommen Sie hier.
Autor:
Prof. Dr. Niklas Potrafke ist Leiter des ifo Zentrums für öffentliche Finanzen und politische Ökonomie sowie Professor für Volkswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.