Welthandel nach Corona: Wir brauchen mehr Freiraum und Offenheit
Der Welthandel nimmt wieder zu. Aber zwei Trends werden auch nach Corona dämpfend auf den grenzüberschreitenden Handel wirken, ist Alexander Kulitz überzeugt.
Momentan läuft der Handel rund um die Welt langsam wieder an, doch mit der zunehmenden Öffnung zeichnen sich bereits besorgniserregende Trends für die Zukunft des Welthandels ab, über die wir jetzt anfangen müssen zu reden. Dies ist absolut unerlässlich, da die erfolgreiche Teilnahme am Welthandel für eine Exportnation wie Deutschland überlebenswichtig ist. Der Welthandel nach Corona wird dabei von zwei großen Trends geprägt werden: eskalierenden Konflikten und einer schwachen Globalisierung.
Einerseits spitzen sich gerade jene Spannungen zu, welche bereits vorher den Welthandel plagten. So hat Corona den Konflikt zwischen den USA und China noch weiter verschärft und eine Eskalation der Animositäten und Zölle scheint besonders mit dem Blick auf das Wahljahr in den USA immer wahrscheinlicher. Darüber hinaus ist es absehbar, dass beide Seiten in naher Zukunft den Fokus auf eigene Industrien legen werden und deshalb beim Schutz, aber auch Ausbau der Handelsbeziehungen nicht zuvorkommend sein werden.
So erwägen die USA momentan, Zölle gegen Europa zu verhängen, und die Verhandlungen mit der chinesischen Regierung über ein neues Handelsabkommen stehen still. Zuträglich kommt noch die durch Corona erhöhte Wahrscheinlichkeit eines Ausstiegs Großbritanniens aus der EU ohne einen Handelsvertrag. Zusammen genommen bedeutet dies, dass außerhalb der Europäischen Union unsere Zusammenarbeit mit den Handelspartnern stillsteht oder sogar rückläufig ist, ein Umstand, auf den die deutsche Industrie sich einstellen muss.
Mindestens genauso besorgniserregend sind allerdings die momentan überwiegend negative Wahrnehmung der Globalisierung und die vermehrten Rufe nach nationaler Autarkie sowie das Erstarken all jener, die in ihren Ländern Abschottung fordern. Die Rufe nach einer Heimführung ganzer Industriezweige tragen dabei zu einem erschwerenden Klima für Handelsbeziehungen bei. Diese können bei den Regierungen anderer Länder, aber auch bei der eigenen zu Kurzschlussreaktionen führen, die den Handel für Jahre schädigen.
Ein Großteil unseres Wohlstands beruht auf inhabergeführten mittelständischen Unternehmen, die es durch generationenübergreifendes Know-how und Konzentration auf Kernprodukte geschafft haben, heute als sogenannte ‚hidden champions‘ Weltmarktführerschaft in ihrem Produktsegment zu erreichen. Um Wohlstand und Prosperität unserer Bevölkerung zu schützen, die maßgeblich durch den Absatz unserer Produkte auf den internationalen Märkten entstehen, müssen wir uns also klar zum Freihandel bekennen.
Viele Maßnahmen, die die Bundesregierung jetzt in der Corona-Krise beschließt, sind dem Freihandel aber entgegengesetzt. So erschwert etwa die Reform des Außenwirtschaftsgesetzes ausländische Direktinvestitionen, indem die Politik, wenn ihr Investitionen nicht passen, diese relativ einfach verhindern kann. Damit werden die mittelständischen Unternehmer in ihrem grundgesetzlichen Eigentumsrecht beschränkt und der freie Handel behindert.
Um die aktuelle Krise zu meistern, braucht die deutsche Wirtschaft aber keine langfristig lenkende Politik oder industriepolitischen Interventionismus, sondern mehr Freiraum und Offenheit. Deutschland muss sich also zum Multilateralismus und zum Freihandel bekennen und sollte als gutes Beispiel vorangehen anstatt in den Protektionismus zurückzufallen. Der freie und regelbasierte Handel ist auch weiterhin der beste Garant für eine friedliche und wohlhabende Welt.
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Autor:
Alexander Kulitz ist Mitglied des Bundestags und Außenhandels- und außenwirtschaftspolitischer Sprecher der FDP.