Weekender-Themen: Wandel, Imperien, Übergewinnsteuer, CO2, Öl-Embargo

Jeden Freitag empfiehlt der Weekender fünf Vertiefungen zu wirtschaftspolitisch interessanten wie relevanten Themen.

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Wandel durch Handel? – Ist das liberale Paradigma „Wandel durch Handel“ nur eine Illusion, gar eine Erfindung von Opportunisten, die damit Wirtschaftsbeziehungen mit autoritären Regimen rechtfertigen? „Forschern ist es bisher nicht wirklich gelungen, den kausalen Zusammenhang zwischen Handel und Frieden empirisch so robust nachzuweisen, wie das liberale Denker gern hätten“, schreibt auf The Market die Ökonomin und Publizistin Karen Horn. Warum ist das so, wo doch offensichtlich Krieg Handel – und damit Wohlstand – reduziert? Alle Denker gingen ohne Zögern davon aus, so Horn, „dass keine wie auch immer geartete Regierung ein Interesse daran haben kann, ihr Land wirtschaftlich zu schwächen. Das ist zwar auf den ersten Blick plausibel, doch alle Erfahrung lehrt, dass verbrecherische Regimes für die Verwirklichung einer imperialistischen, oft auch völkischen Vision einen immens hohen wirtschaftlichen Preis zu zahlen bereit sind.“ Die Despoten handelten damit nicht etwa irrational, sondern sie folgten einer nicht ökonomischen Rationalität. Horn: „Dieser oftmals nicht berücksichtigte Aspekt ist vermutlich der wesentliche Grund dafür, dass die inzwischen umfangreich vorliegende empirische Forschung über den Zusammenhang von Handel und Frieden immer noch widersprüchliche Ergebnisse zutage fördert.“ Auf die Frage, so schließt Horns Analyse, ob der Handel tatsächlich den Frieden zu fördern vermöge, gebe es nur die klassische und letztlich einzig aufrichtige Wissenschaftler-Antwort: „Es kommt darauf an.“

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Imperien ohne Zukunft – Putin will das alte sowjetische Imperium wieder errichten. Gérard Roland, Ökonom an der University of California in Berkeley, sagt dagegen im NZZ-Interview mit Christoph Eisenring und Thomas Fuster, dass die Zeit der Imperien vorbei sei. Weil Gewinne für Imperien nicht mehr das seien, was sie einmal waren. Früher sei es das Hauptziel gewesen, Land oder Sklaven zu erobern. „In der heutigen Welt ist Humankapital der ausschlaggebende Faktor für Wachstum, zusammen mit der Rechtsstaatlichkeit. Es ist einfach, Arbeiter auf einer Plantage zu überwachen, aber man kann die gut Gebildeten nicht zwingen, produktiv zu sein“, so Roland, der seit gut zwanzig Jahren an der University of California in Berkeley forscht. Mit einem schnellen Fall Putins sei deswegen dennoch nicht zu rechnen. „Das große Problem ist“, so Roland, „dass Imperien nur von innen heraus besiegt werden können. Von außen einen Regimewechsel zu orchestrieren, wird nicht gelingen. Wenn man das versucht, indem etwa Chaos gesät wird, muss man dieses auch kontrollieren können, was sehr schwierig ist.“

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Übergewinnsteuer mit wenig Sinn – Es ist vermutlich wenig überraschend, dass Ökonomen wenig von der Idee einer Übergewinnsteuer für Unternehmen halten. Interessanter ist da schon deren Begründung. Ifo-Präsident Clemens Fuest sagt zum Beispiel in der FAZ: „Für Zwecke der Besteuerung ist schlicht nicht feststellbar, ob einzelne Unternehmen ‚übergebührlich‘ von einer Krisensituation profitieren.“ Und sein Kollege Friedrich Heinemann vom ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung hält die Idee der Besteuerung von Übergewinnen für „nicht durchdacht“. „Wenn plötzliche Knappheiten entstehen, zum Beispiel jetzt bei Mikrochips, Rüstungsgütern oder bei Lebensmitteln, haben höhere Preise und Gewinne eine wichtige Lenkungsfunktion, sie sollen auf der Angebotsseite Anreize für eine rasche höhere Produktion setzen.“ Diese Anreize wegzubesteuern könne die Knappheit verlängern, so Heinemann.

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CO2-Emissionen ins Ausland verlagert? – Die CO2-Emissionen in Deutschland sinken nur, weil wir die Emissionen in ärmere Länder verlagern, so lautet ein häufig gehörter Vorwurf. Aber das stimmt nicht, erklärt Fabian Kurz vom Thinktank IREF. Zwar lägen die konsumbasierten CO2-Emissionen tatsächlich über den produktionsbasierten CO2-Emissionen, aber die Emissionen nach beiden Berechnungsverfahren sinken seit der Wiedervereinigung deutlich und kontinuierlich.

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Noch einmal CO2: Die Europäische Union will ein Öl-Embargo gegen Russland verhängen. Das stellt die Mitgliedstaaten vor unterschiedlich große Herausforderungen. Die Slowakei zum Beispiel, die fast ihr gesamtes Öl über eine Pipeline aus Russland bezieht, wäre besonders betroffen. Deren Wirtschaftsminister, Richard Sulik, schlug deshalb diese Woche im Deutschlandfunk vor, statt eines Embargos dafür zu sorgen, dass die Ölpreise sinken, weil dann weniger Geld in Putins Kriegskasse gespült würde. Konkret: Sulik ist für die Aussetzung des europäischen Emissionszertifikatehandels. Seine Botschaft: Weniger Klimaschutz ist der Preis, den man jetzt zahlen müsse, um Putin zu schädigen. Doch der Gedankengang ist falsch. Die Erlöse aus dem Zertifikatehandel gehen ja nicht an Putin, sondern in die Staatskassen der EU-Mitgliedstaaten. Mehr noch: Die CO2-Abgaben sind schlecht für Putin. Sie erhöhen den Preis für die Verbraucher, weshalb diese verstärkt nach Alternativen zu fossilen Brennstoffen suchen. In der Folge geht die Nachfrage nach Öl zurück, der Preisdruck gibt nach. – Die Vorstellung, wir müssten uns zwischen Klimaschutz und Öl-Embargo entscheiden, ist also, zumindest in diesem Punkt, falsch.     

Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Freitag präsentieren wir (Link zum Archiv) fünf Vertiefungen zu den wirtschaftspolitisch interessantesten und relevantesten Themen der Woche. > Keinen Blogpost verpassen

Autor:

INSM Redaktion Hier schreibt die Redaktion der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft.

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