Weekender-Themen: Marktwirtschaft, Rente, Deutschland, Ukraine, Westen
Jeden Freitag empfiehlt der Weekender fünf Vertiefungen zu wirtschaftspolitisch interessanten wie relevanten Themen.
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Wandel durch Handel? – Ist die Idee von gestern, mit freiheitlichen Ingredienzen der Marktwirtschaft autoritäre Regime politisch unter Druck zu setzen? In China und Russland scheint „Wandel durch Handel“ nicht funktioniert zu haben. Vielleicht aber brauchen wir mehr Geduld, meint Gerhard Schwarz, ehemaliger Leiter der NZZ-Wirtschaftsredaktion, und plädiert dafür, sich von der These der Interdependenz der Ordnungen nicht zu verabschieden. Man kann „offenbar während Jahrzehnten Diktatur und Marktwirtschaft kombinieren, solange man mit einer Erhöhung des Wohlstands ein Stillhalten der Bevölkerung erkaufen kann, aber das heißt nicht, dass das Volk nicht irgendwann doch mehr Demokratie verlangt.“ Man solle, so Schwarz, sich deshalb nicht vom vordergründigen Erfolg eines autokratischen Kapitalismus à la China täuschen lassen. „Ob das Modell die Menschen überzeugt, kann man auch an Fluchtbewegungen sehen. Solange die Menschen vor Kriegen und Krisen nicht nach China, sondern in Länder des ‚verteufelten‘ Westens fliehen, zeigt das, dass die Kombination von Marktwirtschaft und Demokratie trotz aller Schwächen ungebrochene Attraktivität genießt.“
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Vorschläge zur Reform der Altersvorsorge – Wie kann die gesetzliche Rentenversicherung finanzierbar bleiben? Es gibt dafür vier Stellschrauben: steigende Rentenbeiträge, steigendes Renteneintrittsalter, sinkendes Rentenniveau und zunehmender Bundeszuschuss. Der Deutschlandfunk beleuchtet in einem verständlichen Dossier diese Möglichkeiten. – Lesenswert für alle, die sich einen Überblick über die aktuelle Situation und die debattierten Reformvorschläge verschaffen wollen.
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Deutschland unter Druck – Wie muss sich das Wirtschaftsmodell in Deutschland infolge des Ukrainekrieges ändern? Im Wirtschaftsdienst geht dieser Frage Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts und Professor für Volkswirtschaftslehre, nach. Fuest schreibt: „Deutschland sollte sich auf europäischer Ebene stärker dafür einsetzen, die Wirtschaftsbeziehungen zu anderen Ländern zu vertiefen. Freihandels- und Investitionsabkommen mit den USA, lateinamerikanischen Staaten und anderen Regionen der Welt sollten dringend ausgebaut werden.“ Gleichzeitig sei es, so Fuest, notwendig, wirtschaftliche Abhängigkeiten mit größerem Tiefgang zu analysieren und bei größeren und einseitigen Abhängigkeiten Maßnahmen zu ergreifen. „Dabei ist es nicht ausreichend, einzelne Sektoren und Produkte wie etwa Halbleiter zu betrachten. Erforderlich ist eine umfassende Analyse von Abhängigkeiten und Risiken, die aus internationalen Wirtschaftsbeziehungen resultieren. In der Regel wird die Lösung nicht darin bestehen, die Produktion wichtiger Güter nach Deutschland oder Europa zu verlagern, sondern Lieferquellen zu diversifizieren. Das gilt in besonderer Weise für die Energieversorgung.“
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Ukraine wiederaufbauen – Wir müssen jetzt mit dem Wiederaufbau der Ukraine beginnen, fordert in der Zeit Tymofij Mylowanow, Präsident der Kiew School of Economics. „Je mehr wir jetzt tun, desto billiger wird es und desto weniger müssen wir nach dem Krieg tun. Es wird wahrscheinlich kein schnelles Ende des Krieges geben. Wir schlagen deshalb vor, für den Wiederaufbau eine Agentur zu gründen, eine Taskforce, die sowohl militärisches Denken als auch Wirtschaftspolitik vereint.“ Und wie lange wird der Wiederaufbau dauern? Mylowanow: „Angesichts des bereits angerichteten Schadens sprechen wir von drei bis fünf Jahren. Wenn Russland auch den Osten der Ukraine zerstört, wie es Mariupol zerstört hat, werden es bis zu zehn Jahre. Die Wirtschaft wird sich schneller erholen. Aber der Neubau von Straßen- und Infrastruktur wird Jahre dauern.“
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Mythos Westen – Vielleicht ist die Macht von Wladimir Putin gar nicht so stabil, wie viele glauben, spekuliert in der FAZ Stefan Kolev, Professor für Wirtschaftspolitik an der Westsächsischen Hochschule Zwickau. „So gut wie alle Ökonomen in den Sanktionsdebatten gehen davon aus, dass Putin in Moskau fest im Sattel sitzt. Allerdings könnte die durch übergroße Abstände zu seinen Mitmenschen bekundete Angst bei öffentlichen Auftritten auch reale Gründe haben. Ein auf dem Schlachtfeld gedemütigtes Militär, ein enttäuschter und um seine kurzfristigen Taiwan-Optionen beraubter strategischer Partner China, von den Sanktionen betroffene Oligarchen, eine mutige Zivilgesellschaft, versiegende Finanzierung des Sozialstaats: All das sind nicht gerade beste Voraussetzungen für das Überleben des Regimes. Ein als stark und entschieden wahrgenommener Westen könnte im labilen Machtgefüge zu einer unerwarteten Koalition der Unwilligen führen, die Putin absetzt, um vom Westen nicht länger gedemütigt zu werden.“ – Im Kern geht es Kolev in seinem Text allerdings um etwas anderes, nämlich um die Frage, ob der Mythos Westen eine neue Strahlkraft entfalten kann. Er hält dies für nötig, vor allem für die Menschen in Russland. „Wenn sich die heutige junge Generation von der Resowjetisierung der letzten zwanzig Jahre freimachen kann, dann nur, wenn der Westen dieser Generation einen Gegenmythos anbietet, wie die Erfahrung der Transformationsländer der 1990er-Jahre zeigt.“ Dann, so Kolev weiter, könne Russland das gelingen, „was in den 1990er-Jahren misslang: die Loslösung vom ewigen Joch der Autokratie, welches das russische Volk seit Jahrhunderten plagt.“
Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Freitag präsentieren wir (Link zum Archiv) fünf Vertiefungen zu den wirtschaftspolitisch interessantesten und relevantesten Themen der Woche. > Keinen Blogpost verpassen
Autor:
INSM Redaktion Hier schreibt die Redaktion der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft.