Weekender-Themen: Malmendier, Werding, Einkommensteuer, Übergewinnsteuer, EZB
Jeden Freitag empfiehlt der Weekender fünf Vertiefungen zu wirtschaftspolitisch interessanten wie relevanten Themen.
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Wirtschaftsweise I – In Deutschland seien Spitzenforschung und Politikberatung bisher getrennte Welten gewesen, meint die neue Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier, die an der kalifornischen Berkeley Universität studiert. In den USA sei das anders. „Akademische Stars gehen ohne Zögern für ein paar Jahre nach Washington, wenn die Regierung ruft.“ Malmendier will, dass das auch in Deutschland so wird. „Ich sehe im Moment die Riesenchance, dass wir Ökonomen uns, hoffentlich zum Wohle unseres Landes, besser in die Politikberatung einbringen können“, sagt sie im Interview mit den FAZ-Redakteuren Svea Junge und Johannes Pennekamp. Was in dem Interview auch klar wird: Malmendier vermeidet frühzeitige klare Positionierung bei zentralen aktuellen Themen wie Übergewinnsteuer oder Gasumlage. „Selbst wenn ich eine Meinung habe, finde ich es nicht nützlich, dass darauf so viel Aufmerksamkeit gelegt wird. Nützlicher ist es, den Politikern zu sagen, was sie etwa bei einer Übergewinnsteuer bitte schön berücksichtigen sollen, wenn sie sich dafür oder dagegen entscheiden.“
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Wirtschaftsweise II – Mit den Ökonomen Ulrike Malmendier und Martin Werding sind die Wirtschaftsweisen wieder fünf Mitglieder und damit vollzählig. Im Interview mit Julian Olk vom Handelsblatt sagt Werding, was die Politik dringend angehen sollte: die grundlegende Reform der sozialen Sicherungssysteme. Werding: „Bis 2035 wird der demografische Alterungsprozess ein enormes Tempo entfalten und sich anschließend wohl auch nicht wieder zurückbilden. Schon jetzt betragen die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zehn Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts. Dazu kommen noch Pflege- und Krankenversicherung. Die Bundesregierung muss dringend grundlegende Reformen der sozialen Sicherungssysteme anstoßen. Ansonsten läuft die Finanzierung komplett aus dem Ruder.“ Das Renteneintrittsalter wäre ein entscheidender Hebel, damit es nicht so weit kommt, so der Bochumer Wirtschaftswissenschaftler. „Die Bundesregierung muss dringend ihre Blockade aufheben und das Eintrittsalter an die Lebenserwartung koppeln“, so der neue Wirtschaftsweise.
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Kalte Progression – Wenn der Staat auf inflationsbedingte Mehreinnahmen in der Einkommensteuer verzichten will, könnten sich eigentlich alle freuen. Tun es aber nicht. Henrike Roßbach von der Süddeutschen Zeitung hat eine Idee, warum das so ist: „Wenn ein derart kompliziertes Etwas zum Gegenstand des Streits wird, ist die moralische Flughöhe bisweilen deutlich höher als die Sachkenntnis tief.“ Weil die Sache halt so schrecklich kompliziert sei, so Roßbach weiter, werde arg freihändig vereinfacht. Roßbach weiter: „Und dann passiert es schon mal, dass der Ausgleich der kalten Progression als ein Entlastungsprogramm für Spitzenverdiener dargestellt wird, obwohl es eigentlich ein Belastungsverhinderungsprogramm ist, von dem Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen besonders profitieren.“
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Übergewinnsteuer – Es ist das Ziel von Unternehmen, möglichst hohe Gewinne zu machen. Wenn Marktwirtschaft funktioniert, entsteht so Wohlstand für alle. Eine Übergewinnsteuer konterkariert diese Idee, meint Marcell Göttert, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Thinktank Agenda Austria. Dort schreibt er: „Die Argumente der Moralpolizei sind nicht zu Ende gedacht: Es gehört zum Wesen einer Marktwirtschaft, dass Unternehmer einen möglichst hohen Profit anstreben. Auf welcher Grundlage soll nun festgelegt werden, welche Gewinne noch in Ordnung sind und welche nicht mehr? Werden wir bald neben einer staatlichen Preiskommission auch eine Gewinnkommission haben, die moralisch gerade noch vertretbare Gewinnhöhen festlegt?“ Sein Fazit: „Eine Steuer auf ‚Übergewinne‛ ist der falsche Ansatz. Die Politik sollte diesen Irrweg nicht gehen.“
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EZB – Gute Geldpolitik braucht glaubwürdige Kommunikation. Denn wenn die Menschen nicht glauben, dass Notenbanker für stabiles Geld sorgen, werden Notenbanker nicht für stabiles Geld sorgen können. Weil dann in Erwartung steigernder Preise zu hohe Tarifverträge abgeschlossen und weil Preise nach oben gesetzt werden. Dann entsteht Inflation, weil die Menschen glauben, es wird Inflation geben. Eine selbsterfüllende Prophezeiung sozusagen. Gute Geldpolitik braucht also Notenbanker, denen man glaubt, was sie sagen. Und wie sieht es mit der Glaubwürdigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) aus? Nicht so gut, meint Patrick Welter auf „Fazit – das Wirtschaftsblog“. Er hat sich eine aktuelle Studie der Ökonomen In Do Hwang, Thomas Lustenberger und Enzo Rossi angeschaut. Die haben die Europäische Zentralbank seit 1999 beobachtet. Ihr Fazit: Je mehr die EZB redet, desto weniger glaubwürdig ist sie. 100 mehr Reden im Jahr führen nach der Analyse dazu, dass der Anteil der Menschen, die der EZB in Umfragen ihr Vertrauen aussprechen, um sechs bis elf Prozent sinkt. Welter: „Der Befund, dass die europäischen Notenbanker mit ihren Reden das Vertrauen des Publikums zerstören, ist verheerend.“
Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Freitag präsentieren wir (Link zum Archiv) fünf Vertiefungen zu den wirtschaftspolitisch interessantesten und relevantesten Themen der Woche. > Keinen Blogpost verpassen
Autor:
INSM Redaktion Hier schreibt die Redaktion der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft.