Tankrabatt: Teurer Balsam für die Autofahrerseele

Der Staat hat kein Einnahme-, sondern ein Ausgabeproblem. Das zeigen auch die Reaktionen nach dem Anstieg der Energiepreise nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Etwa der Tankrabatt, der seit 1. Juni in Kraft ist. Er suggeriert eine Entlastung, die in Wirklichkeit keine ist. Er sollte deshalb auf keinen Fall verlängert werden.

In Deutschland hat die Politik – neben begrüßenswerten Hilfen für Bedürftige wie eine Einmalzahlung von 200 Euro für Empfänger von Sozialleistungen – die Senkung der Energiesteuer für Diesel um 14,04 Cent pro Liter und für Superbenzin um 29,55 Cent beschlossen. Die Senkung der Energiesteuern auf das in der EU erlaubte Mindestmaß trat am 1. Juni 2022 in Kraft und gilt für drei Monate. Inklusive der entfallenden Mehrwertsteuer in Höhe von 19 Prozent liegt die theoretische steuerliche Entlastung insgesamt bei 35,2 Cent pro Liter Benzin und 16,7 Cent pro Liter Diesel.

Diese Steuerentlastung ist gut gemeint und signalisiert, dass die Politik die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst nimmt und entsprechend reagiert. Dennoch hätte aus vielerlei Gründen darauf verzichtet werden sollen, die Steuern auf Kraftstoffe zu senken.

Erstens ist diese häufig als Tankrabatt bezeichnete Aktion sehr teuer: Bei einem Diesel- und Benzinverbrauch von etwa 45 beziehungsweise 33 Milliarden Litern pro Jahr sind die Steuerausfälle infolge der Steuersenkung für 3 Monate auf rund 4,8 Milliarden Euro zu taxieren, wenn man die geringeren Einnahmen bei der Mehrwertsteuer ebenfalls berücksichtigt.

Zweitens ist der Tankrabatt unnötig teuer, denn er ist wenig zielgerichtet und begünstigt alle Autofahrer, nicht allein die Einkommensschwachen.

Drittens: Die Kosten des Tankrabatts sind besonders deshalb unnötig hoch, weil er vor allem den Wohlhabenden nützt, denn diese weisen in der Regel höhere Fahrleistungen auf als einkommensschwache Haushalte. Solche Haushalte verfügen hingegen häufig nicht einmal über ein Auto.

Viertens mindert der Tankrabatt den durch die hohen Preise gesetzten Anreiz, Sprit zu sparen. Damit konterkariert diese Politikmaßnahme die gerade erst im Jahr 2021 eingeführte CO2-Bepreisung, mit der fossile Brenn- und Kraftstoffe zum Zwecke des Klimaschutzes schrittweise verteuert werden sollten. Damit signalisiert die Politik, dass Klimaschutz hintenanstehen muss, wenn die Bevölkerung von vermeintlich gravierenderen Problemen geplagt wird.

Fünftens könnte der Tankrabatt möglicherweise gar nicht in voller Höhe bei den Verbrauchern ankommen, weil er von der Mineralölwirtschaft und den Tankstellenbetreibern nur teilweise an die Autofahrer weitergegeben werden könnte. Die Mineralölindustrie hatte die Politik beim Beschluss des zweiten Entlastungspakets sicherlich nicht als Adressaten im Auge.  

„Die Politik schafft lediglich eine Entlastungsillusion, denn tatsächlich verschuldet sich der Staat zur Finanzierung des Tankrabatts zusätzlich.“

Zusätzlich zu all diesen Gründen sprechen sehr grundlegende Argumente gegen den Tankrabatt. Obwohl damit anderes suggeriert wird, kann die Politik die Bevölkerung durch den Tankrabatt nicht wirklich von den Lasten höherer Benzinpreise bewahren, sie kann sie allenfalls umverteilen. Die Politik schafft lediglich eine Entlastungsillusion, denn tatsächlich verschuldet sich der Staat zur Finanzierung des Tankrabatts nun zusätzlich. Diese Schulden müssen zu einem späteren Zeitpunkt von den Steuerzahlern zurückgezahlt werden, teils auch von jenen wohlhabenden Haushalten, die mit am meisten von der Senkung der Kraftstoffpreise an der Tankstelle profitieren.

In Summe könnte der Tankrabatt so teurer kommen als im Falle, dass die Lasten sofort von den Verbrauchern an der Tankstelle bezahlt worden wären. Diese Überlegung entlarvt den Tankrabatt als das, was er tatsächlich darstellt: Teurer Balsam für die geschundene Autofahrerseele!

Doch der Balsam dürfte nicht einmal besonders wirksam sein, selbst wenn er gänzlich bei den Autofahrern ankommen sollte (tatsächlich war der Preis für Benzin zunächst um 27 und der für Diesel um 11 Cent im Durchschnitt gesunken).

Fest steht: Der Tankrabatt sollte nach den drei Monaten auf keinen Fall verlängert und keine weiteren Milliardenhilfen und -schulden beschlossen werden, selbst wenn die Kraftstoffpreise noch weiter ansteigen sollten. Das Verhältnis von fiskalischen Kosten und Nutzen ist beim Tankrabatt offenkundig denkbar schlecht!

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Autor:

Prof. Dr. Manuel Frondel ist außerplanmäßiger Professor für Energieökonomik und angewandte Ökonometrie an der Ruhr-Universität Bochum und Leiter des Kompetenzbereichs „Umwelt und Ressourcen“ am RWI.

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