Mehr Staat, mehr Kosten: Wie die Bundesverwaltung trotz Versprechen weiter wächst
Deutschland erstickt in Bürokratie. Trotz der vielfältigen Probleme, die den deutschen Standort bremsen, nennen Unternehmen inzwischen „Bürokratie“ in Umfragen verlässlich als Problem Nummer 1. Während in den letzten Jahren immer viel über das Problem geredet, aber wenig gehandelt wurde, schien die neue schwarz-rote Koalition willens und fähig, endlich den Turnaround zu schaffen.
Die Koalitionsarbeitsgruppe arbeitete geräuschlos und schnell. Das entsprechende Kapitel im Koalitionsvertrag ist aus Sicht der Wirtschaft mit Abstand das stärkste. Ein wesentlicher Hebel wurde darin ausgemacht, den Personalbestand beim Bund zu reduzieren. Denn: Mehr Beamte bedeuten in der Regel nicht nur höhere Personalkosten, sondern auch mehr Regulierung – und damit mehr Bürokratie für Bürger und Unternehmen. Schließlich wollen die zusätzlichen Beamten ja auch etwas zu tun haben. Die Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag daher einen Stellenabbau in der Bundesverwaltung zugesagt. Acht Prozent innerhalb der Legislatur, also zwei Prozent pro Jahr. Doch mit dem Haushalt 2025 und dem Regierungsentwurf für 2026 setzt sie das Gegenteil um: Statt Verschlankung wächst die Verwaltung weiter – und mit ihr die Gefahr zusätzlicher Regeln, Verfahren und Belastungen für die Wirtschaft.
Um die Zahlen richtig einordnen zu können, lohnt ein kurzer Blick auf den Personalhaushalt: Er umfasst sowohl Planstellen für Beamte als auch Stellen für Angestellte. Zur besseren Lesbarkeit sprechen wir im Folgenden einfach von „Stellen“. Nicht berücksichtigt sind Richter, Professoren und Soldaten.
Was bereits feststeht: Bundeshaushalt 2025
Zunächst zum Jahr 2025. Der bereits im Bundestag verabschiedete Bundeshaushalt 2025 veranschlagt 299.833 Gesamtstellen, davon 199.976 Planstellen der Beamten und 99.862 Stellen der Angestellten. Gegenüber 2017 ergibt sich eine Mehrung von 42.769 Stellen, das entspricht +16,6 %. Der gesamte Zuwachs entfällt auf die Beamten (+31,3 %), während die Stellen der Angestellten im gleichen Zeitraum um -4,7 % zurückgingen. Anstatt das flexiblere Instrument von Anstellungen zu nutzen, hat sich also die dauerhafte Erhöhung des Personalbestands durch Verbeamtungen durchgesetzt.

Mit der Stellenmehrung steigen auch die Personalausgaben. Die IST-Kosten sind bis 2023 erfasst, die SOLL-Kosten beziehen sich auf 2024 und 2025.
Von 2017 bis 2023 nahmen die IST-Personalkosten um 8,3 Mrd. Euro zu – ein Plus von 26 %. Für 2024 sind die SOLL-Personalkosten bereits um +40,6 % über dem Stand von 2017 angesetzt, für 2025 bei +42,5 %.

Da die Stellenmehrung ausschließlich auf die Beamten entfällt, ist die Verteilung nach Besoldungsgruppen besonders aufschlussreich. Auffällig ist der Schwerpunkt bei den höheren Besoldungsstufen und im höheren Dienst.
Die Planstellenmehrung der Beamten von 49.123 verteilt sich wie folgt:
- Besoldungsgruppe B: +667 Stellen (+22,9 %)
- Höherer Dienst: +10.270 Stellen (+46,6 %)
- Gehobener Dienst: +21.167 Stellen (+35,3 %)
- Mittlerer Dienst: +16.213 Stellen (+24,9 %)
- Einfacher Dienst: -952 Stellen (-48,3 %), die in andere Besoldungsgruppen verlagert wurden
Durch die Konzentration auf die oberen Besoldungsgruppen wird der Aufwuchs strukturell teuer: höhere Grundgehälter, mehr Zulagen und langfristig höhere Versorgungslasten belasten den Bundeshaushalt – und damit die Steuerzahler – überproportional.
Blick nach vorn: Regierungsentwurf 2026
Im Koalitionsvertrag war ein Abbau der Bundesstellen um acht Prozent vereinbart worden – rund zwei Prozent pro Jahr. Angesichts des verspäteten Beschlusses des Haushalts 2025 ließe sich noch Nachsicht walten lassen. Spätestens im Regierungsentwurf 2026 hätte die Trendwende jedoch sichtbar werden müssen.
Der Entwurf für 2026 veranschlagt jedoch 304.784 Stellen, davon 204.802 Beamte und 99.982 Angestellte. Gegenüber 2024 bedeutet das ein Plus von 6.644 Stellen bzw. +2,2 %. Innerhalb dieser Gesamtsumme entfällt der Zuwachs auch auf die obersten Bundesbehörden: Dort entstehen 187 zusätzliche Stellen gegenüber 2024. Selbst gegenüber dem beschlossenen Haushalt 2025 konnte kein Abbau erzielt werden – vielmehr sind für 2026 noch einmal 4.946 Stellen mehr eingeplant. Von einem Abbau kann keine Rede sein – die Verwaltung wächst weiter.
Lediglich in den Ministerien lässt sich ein leichter Rückgang erkennen: Der Entwurf sieht dort 346 Stellen weniger als 2024 vor (-1,3 %). Diese Zahl relativiert sich allerdings, da das neu gegründete Digitalministerium in den Haushaltsplänen 2025 und 2026 noch nicht voll berücksichtigt ist.
Auch bei den Kosten zeigt sich keine Korrektur: Die SOLL-Personalkosten für 2026 liegen mit 46,19 Mrd. Euro um +2,7 % über dem Niveau von 2024.
Der gebrochene Koalitionsvertrag
Mit dem Regierungsentwurf 2026 hat auch die Merz-Regierung den im Koalitionsvertrag vereinbarten Stellenabbau um acht Prozent (2 % pro Jahr) nicht eingelöst. Statt einer Trendwende setzt sich das Wachstum der Verwaltung fort.
Um das ursprüngliche Ziel dennoch zu erreichen, müsste ab 2027 ein deutlich strengerer Sparkurs eingeschlagen werden. Ausgehend von rund 304.784 Stellen im Jahr 2026 wären bis Ende der Legislaturperiode (2029) -8 % einzuhalten. Das entspricht einem Abbau von etwa 24.400 Stellen. Auf die verbleibenden drei Jahre verteilt, ergibt sich ein notwendiger Stellenabbau von durchschnittlich rund -2,7 % pro Jahr.
Das ist fast das Anderthalbfache der ursprünglich geplanten Reduktionsrate von -2 % jährlich. Je länger die Korrektur hinausgezögert wird, desto schmerzhafter fällt sie aus – sowohl für die Verwaltung selbst als auch für die Glaubwürdigkeit der Regierung.
Daher gilt es jetzt:
- Das Parlament muss in den Haushaltsberatungen hartnäckig auf eine Korrektur des Regierungsentwurfs drängen, um den versprochenen Stellenabbau doch noch einzuleiten.
- Ein nachhaltiger Abbau gelingt nur mit einem klaren Gesetz. Darin sollte verbindlich festgeschrieben werden: Für jede neue Beamtenstelle müssen mindestens zwei gleichwertige Stellen abgebaut werden. Nur mit einem solchen „One in, Two out“-Prinzip lässt sich der aufgeblähte Staatsapparat wirksam und dauerhaft verschlanken.
Autor:

Michael Weiss ist Referent für Volkswirtschaft bei der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Er studierte Volkswirtschaftslehre in Heidelberg und befindet sich aktuell im Masterstudium an der Humboldt-Universität zu Berlin.