It‘s the economy stupid… Shitbürger
Liebe Leserinnen und Leser des Ökonomenblogs,
es geht um die Wurst. Ich bin kein Ökonom, sondern Philosoph. Promoviert habe ich über DJ Culture, eine Kulturgeschichte des Discjockeys von 1906 (ja wirklich) bis 1995. Warum schreibe ich das hier, in diesem exzellenten Blog für Ökonomen? Weil mir erst jetzt aufgefallen ist, dass es in den Büchern immer auch um die kulturelle Matrix ökonomischer Erfolgsgeschichten ging. Leider ist mir Schumpeter erst nach dem Mündigwerden im Liberalismus über den Weg gelaufen. Schumpeters „dynamische Unternehmer“, die Innovationen durchsetzen, Pioniergewinne erzielen und den Konjunkturaufschwung herbeiführen, entdeckte ich früher vor allem in Künstlern, Impresarios, Modemachern, Fotografen, Designern, Filmemachern, Schriftstellern. Ich verstand damals nicht, warum jede künstlerische Produktion eben auch eine volkswirtschaftlich relevante Produktion sein kann. Schumpeter war Zeitgenosse der klassischen Moderne und ihrer Avantgarden. Leider wurde er weder in der Philosophie noch in den politischen Wissenschaften als Visionär gelehrt.
Schumpeter war für mich die große Entdeckung: Den Prozess der schöpferischen Zerstörung, bei dem alte Güter und Produktionsverfahren ständig durch neue ersetzt werden, war nicht nur Motor der wirtschaftlichen Entwicklungen, sondern mehr oder weniger ein Versprechen der klassischen Avantgarden der Moderne, vom Futurismus über den Dadaismus und Surrealismus bis hin zum Situationismus. Wahrscheinlich sind erfolgreiche Unternehmer deshalb auch so oft Kunst- oder Designsammler und Feingeister. Es gibt ein geheimes Band zwischen Künstlern und Unternehmern. Der innovative Unternehmer, der durch neue Ideen und den Einsatz neuer Produktionsmethoden, Techniken und Verarbeitungsmöglichkeiten den wirtschaftlichen und technischen Fortschritt vorantreibt, ähnelt dem avantgardistischen Künstler.
Auch DJ CULTURE beschreibt, wie eine kulturelle Verschiebung und Innovation fundamentale ökonomische Konsequenzen produziert. In diesem Fall: der Paradigmenwechsel der Popkultur mit den DJs seit 1975 hat die Popkultur neu zukunftsfähig gemacht und Abermilliarden von Dollar und Euro generiert. Von den gesellschaftspolitischen Verschiebungen ganz zu schweigen. Ohne Hip-Hop wäre Barack Obama nicht US-Präsident geworden. Ähnliche ökonomische Spuren finden sich in meiner Modetheorie Anpassen 1998 veröffentlicht, der Kulturgeschichte des Rasens „Über Sportwagen“ (2002), der Monographie über den Porsche 911 und dem Opus Magnum über Ferrari, an dem ich seit zwei Jahren schreibe.
Warum erklärte ich das so ausführlich? Weil ich weiß, dass die Ökonomie ein brillantes geschlossenes Sprachspiel anbietet, das eigentlich keine buntscheckigen Philosophen als Verstärkung braucht. Dennoch will ich Ihnen meine Unterstützung anbieten. Meine Dienste, weil ich finde in den großen Debatten der Gegenwart wird den Ökonomen zu wenig zugehört oder in der Regel nur jene, die das hohe Lied auf Staat, Macht und Umverteilung singen. Und nicht den freiheitlichen Kräften, die ich hier in der Leserschaft vermute.
Verstehen Sie mich und mein neues Buch SHITBÜRGERTUM als ein Rammbock Ihrer ökonomischen Überlegungen. Mit Daniel Stelter habe ich den Podcast MAKE ECONOMY GREAT AGAIN drei Monate vor der Bundestagswahl gestartet, um über die ökonomischen Herausforderungen der Volkswirtschaft Deutschlands zu sprechen, mit einer klaren Rollenverteilung. Daniel der Ökonom und ich der kulturkämpferische Philosoph. Weil es nicht anders geht. Warum? Weil das IT’S THE ECONOMY STUPID, früher Kerntugend von Mitte-Links-Regierungen (Bill Clinton, Tony Blair, Gerhard Schröder) nicht mehr gilt. Warum? Weil die kulturelle Dominanz des Shitbürgertums jede ökonomische Vernunft aus den gesellschaftlichen Debatten getilgt hat. Ich versuche deshalb den vorpolitischen Raum zu befreien von einer moralisierenden Unkultur des Anti-Ökonomischen. Ich bin gewissermaßen Ihre Putztruppe, damit Ihre ökonomischen Einschätzungen wieder gehört werden, dass Ihre Argumente wieder verfangen, dass Ihre Expertise wieder verlangt wird – dass wir gemeinsam aus Deutschland wieder einen Ort von Wohlstand, Liberalität und Innovation machen.
Können Sie sich noch daran erinnern, als Deutschland das letzte Mal „the sick man of Europe“ war? Damals hatten wir eine völlig andere Medienlandschaft. Wir hatten im Zweifelsfall – ich übertreibe jetzt – fünf Ökonomen, von denen einer schärfer argumentierte als der andere. Das hat die Diskussion geprägt und vorangetrieben.
Heute hingegen haben wir seit Jahren denselben weltfremden, bornierten, elitären Unsinn. Statt einer lebendigen Debatte dominieren im Zweifelsfall fünf NGOs. In dieser Monokultur kannst Du keine demokratischen Prozesse initiieren, die auf ökonomischer Vernunft basieren.
Das Buch ist zunächst im Eigenverlag erschienen, weil es dem Verlag zu polemisch, zu scharf, zu unversöhnlich war. Nach dem riesigen Erfolg stapelten sich die Verlagsangebote. Erstaunliche Summen wurden geboten, ich wollte aber nicht Geld verdienen, sondern Reichweite für eine gesellschaftspolitische Diskurskorrektur.
Warum dieses Buch mit diesem Titel? Das kann man polemisch verstehen. Oder aber als eine notwendige Diskursverschiebung, um mit unverstellter Respektlosigkeit zu signalisieren, dass ein Teil des Bürgertums den Respekt, der ihm entgegengebracht wird, zur Unterminierung freiheitlicher Grundlagen des Westens genutzt hat.
Respektlosigkeit stellt die Machtfrage. Respekt muss man sich verdienen, Respektlosigkeit auch. Das Shitbürgertum hat nahezu jeden Anspruch auf respektvollen Umgang verwirkt – zumindest für jene Widersacher, die weniger höflich denn ehrlich seine Diskursmacht in Frage gestellt haben und lernen mussten, dass aus der einst heiteren Geste verschiedenster progressiver Anliegen ein weltanschaulicher Panzer aus Machtstreben und Brutalität im Umgang mit Andersdenkenden geworden ist. Häufig mit Steuergeldern finanziert. Milde Kritik am Shitbürgertum wird aus Eitelkeit goutiert. Fundamentale Kritik führt zum Ausschluss aus den relevanten zentralen Diskurssystemen. Dieses Buch operiert mit einer konstruktiven Respektlosigkeit und echot damit auch jenen Vibe Change, von dem Niall Ferguson schrieb: weg von Bullerbü, hin zu Gotham City.
Das Shitbürgertum hat stets Respekt eingefordert und dies auch als Machttechnik eingesetzt. Habituell und stilistisch erinnerte das Shitbürgertum stets an die moralischen Autoritäten der Schule, der Katheder und Kanzeln. Als der österreichische Ökonom Joseph Schumpeter 1911 die kreative Zerstörung konzeptionierte, tat er dies auch im Bewusstsein, dass ohne die Zerstörung des Alten nichts Neues geschöpft werden kann. Innovation kann es nur geben, wenn alte Technologien und Arbeitsweisen entweder an den Rand gedrängt oder aufgegeben werden. Rückblickend war Schumpeter einer der weitsichtigsten Ökonomen, weil er schon lange vor der digitalen und der AI-Revolution die gesellschaftliche Relevanz von Zerstörungsprozessen im Sinne von Wachstum und Innovation anerkannte.
Das Shitbürgertum ist die Endmoräne einer die wilde Anthropologie des liberalen und libertären Bürgertums einfangenden Disziplinarmacht. Jeder erkennt den Shitbürger an seinem strengen Blick, den schmallippigen Gesten des Missfallens, dem ewig urteilenden Gestus der Überheblichkeit. Das Shitbürgertum operiert am Nerv der Gesellschaft, in dessen Sprachzentrum und dort, wo der Elan des Einzelnen sich vital in ein Kollektiv fügt. Das Shitbürgertum regelt die Mikroebenen der Macht und hat mit Teilen der politischen Linken, in Deutschland vor allem der Grünen, in den USA mit den Demokraten nach Obama, seinen politischen Arm in den Zentralen der Macht.
Das Shitbürgertum hat in Deutschland eine kulturelle und ökonomische Spur der Verwüstung hinterlassen. Unternehmer und Multimillionäre sind aus dem Einflussbereich des Shitbürgertums in die USA oder die Schweiz geflohen. Das wird auf Dauer Deutschland und damit Europa und am Ende den Westen zerstören. Darum muss das Shitbürgertum umfassend zerstört werden. Im Sinne Schumpeters.
Dieses kleine Büchlein ist ein Versuch. Das ist fast die Position dieses Buches im Diskursuniversum: nicht ausgeschlossen, doch an den Rand gedrängt. Auch in der eigenen Denkbiographie des Autors ist dieses Büchlein das öffentliche Bekenntnis, endgültig aus dem Selbstverständnis gestolpert zu sein, dass man es mit dem kulturell dominanten Links-/Grün-Bürgertum noch irgendwie hinkriegen könne oder hinkriegen müsse. All die Versuche, auf dieses Milieu zuzugehen, waren aufgrund der eigenen linken Biographie wichtig, vielleicht sogar unerlässlich. Rückblickend waren sie naiv und feige.
Der Zustand des Landes, der Gesellschaft und mit Deutschland als europäischer Großmacht auch des Kontinents hat mit der verheerenden Wirkung des Shitbürgertums Anfang des 21. Jahrhunderts zu tun. Das Shitbürgertum in den USA hat 2024 Trump auch deshalb wieder zurück ins Amt gebracht, weil Trump die Angriffe der bürgerlichen Eliten gegen den Common Sense listig zu seinen Gunsten nutzen konnte. Den elitären Hass des Shitbürgertums gegen die eigene Privilegiertheit hat er zusammen mit einer Horde wüst libertärer und konservativer Intellektueller wie JD Vance und Elon Musk mit einem ruchlosen, unterhaltsamen Populismus gekontert. Auch bei uns kündigen sich Wahlerfolge der Populisten durch den großen und schädlichen Einfluss des Shitbürgertums an.
Der Staatsapparat wird immer fetter und unbeweglicher. Deshalb braucht Deutschland die „Kettensäge“. Die kulturelle Dominanz des Shitbürgertums hat die Gesellschaft gespalten, die wirtschaftliche Vernunft vertrieben, Unternehmer und Unternehmen vergrätzt, Investoren und Wissenschaftler verschreckt. Um als Volkswirtschaft wieder zu wachsen und als Gesellschaft wieder zu funktionieren, müssen die kulturellen Koordinaten rekalibriert werden. Deswegen lohnt sich ein Blick in die Geschichte des Shitbürgertums, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg zum Beispiel in der Gruppe 47 seinen schauerlichen Anfang nahm: in Verdrängung der eigenen Schuld, in Verklärung der eigenen Moral, im Zorn gegen all jene, die in den Augen der Gruppenmitglieder schuldig und böse waren.
Das Shitbürgertum gibt es überall im privilegierten Westen. Besonders toxisch ist sein Wirken in Deutschland, bis 1989 austariert im rheinisch-katholischen Kapitalismus, in verschiedenen Etappen nach 1990 im säkularprotestantischen Deutschland der Berliner Republik, angeführt von einer Protestantin aus dem sozialistischen Pfarrhaus in Templin.
Das Shitbürgertum hat den Kompass der Gesellschaft zudefäkiert, wie wir in Franken sagen würden. Jetzt geht es darum, den Kompass wieder zu reinigen, um das Mündigwerden abseits der Umerziehungsanstrengungen des Shitbürgertums möglich werden zu lassen.
Dem Shitbürgertum bietet das Buch vielleicht die Möglichkeit der Selbstannahme, auch um das eigene Wirken kritisch zu reflektieren, vor allem vor dem Hintergrund der Anamnese der eigenen Abspaltungsgeschichte. Die Wahrscheinlichkeit dafür? Eher gegen null. Deswegen geht es künftig politisch nicht darum, dieses Bürgertum und seine steuerfinanzierten Institutionen zu reformieren, sondern umfassend zu defunden, das heißt den Härten des Marktes auszusetzen. Da, wo es den Markt in Deutschland überhaupt noch gibt. Der vorpolitische Raum muss von Steuergeldern bereinigt werden. Dort ist das Biotop des Shitbürgertums. Sie leben vom Geld derjenigen, die sie beschimpfen, verachten und zerstören.
Wer nicht steht, kniet. Das ist fast schon wieder lustig. Auf dem Weg zur Veröffentlichung habe ich meine ursprüngliche Verlegerin verloren. Sie wollte das Buch so nicht. Die Verlagslandschaft ist längst eine Monokultur. Berühmte Verleger erzählen mir privat beim Lunch, dass sie am liebsten Söder wählen würden, und gehen dann ins Büro und machen linksradikalen Quark.
Deswegen brauche ich Ihre Unterstützung: stürmen Sie die Buchläden. Und empfehlen Sie es gerne weiter. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Ich hoffe, dass Buch hilft Ihnen bei Ihrem Versuch, die ökonomische Vernunft in dieses Land zurückzubringen.
Autor:

Dr. Ulf Poschardt ist Herausgeber von Welt, Politico Deutschland und Business Insider Deutschland.