Die hohen Emissionsvermeidungskosten der Erneuerbaren-Förderung

Eine effektive und kosteneffiziente Klimaschutzpolitik sollte nach Auffassung von Ökonomen vorwiegend auf den Preismechanismus setzen, besonders auf das Instrument des Emissionshandels. Einen Handel mit Emissionszertifikaten gibt es in der Europäischen Union bereits seit dem Jahr 2005 und damit seit knapp zwei Jahrzehnten. Er umfasst jedoch nur wenige Sektoren, insbesondere die Energiewirtschaft und die Industrie. In anderen Sektoren wird statt der Nutzung des Preismechanismus oftmals versucht, den Treibhausgasausstoß mittels ordnungsrechtlicher Maßnahmen und Subventionen zu senken. Ein prominentes Beispiel hierfür ist die Förderung regenerativer Stromerzeugungstechnologien durch die im Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) festgelegten Einspeisevergütungen für „grünen“ Strom, der ins öffentliche Stromnetz eingespeist wird.

Die extrem hohen Vermeidungskosten der frühen Photovoltaik-Förderung

Mit diesen seit der Einführung des EEG im Jahr 2000 gewährten Subventionen gehen hohe Emissionsvermeidungskosten einher. Dies ist in der Öffentlichkeit wenig bekannt, denn die Vermeidungskosten können im Gegensatz zu den Preisen von Emissionszertifikaten nicht täglich an der Börse beobachtet werden. Zahlreiche Studien zeigen indessen, dass die Emissionsvermeidungskosten der Förderung regenerativer Technologien lange Zeit weitaus höher lagen als die Preise für Zertifikate im EU-Emissionshandel. So taxierten Frondel, Ritter, Schmidt, Vance (2010: 119) die mit der Förderung der Photovoltaik in Deutschland einhergehenden Vermeidungskosten auf mehr als 600 Euro je Tonne Kohlendioxid (CO2). Die Internationale Energieagentur ging wegen anfangs noch deutlich höherer Technologiekosten sogar von Vermeidungskosten von rund 1.000 Euro je Tonne aus (IEA 2007: 74).

Obwohl die Herstellungskosten regenerativer Technologien in der Zwischenzeit deutlich gesunken sind, vor allem die der Photovoltaik, zeigt eine aktuelle Studie für die INSM (Frondel 2024), dass die durchschnittlichen Vermeidungskosten der Förderung grünen Stroms in der vergangenen Dekade bis zu rund 190 Euro je Tonne betragen haben. Dieser Wert liegt deutlich über dem Preis für Emissionszertifikate im EU-Emissionshandel. Der Zertifikatpreis lag bislang nie nennenswert über dem Wert von 100 Euro.

Emissionshandel statt Erneuerbaren-Förderung

Dies zeigt, dass sich Treibhausgasemissionen deutlich kostengünstiger vermeiden ließen, als dies mit regenerativen Strom­erzeu­gungs­techno­logien wie Windkraftanlagen der Fall ist. Mit der Förderung der Erneuerbaren wird das Prinzip des Emissionshandels, die Treibhausgase mit den kosteneffizientesten Technologien auf die kostengünstigste Weise zu reduzieren, unterwandert.

Der EU-Emissionshandel hat daher den Vorteil, dass er die von der Gesellschaft für die Treibhausvermeidung zu tragende Kostenlast minimiert.

Die mit den EEG-Subventionen einhergehenden Kosten sind hingegen nicht nur notorisch intransparent und mit hohen Belastungen für den Staatshaushalt verbunden. Vielmehr führt dieses Subventionsregime auch zu fragwürdigen Umverteilungen.

Die soziale Ungerechtigkeit der Dachanlagenförderung

Die EEG-Förderung von Photovoltaikanlagen ist dafür ein weithin sichtbares Beispiel, das sich mittlerweile auf Millionen Dächern zeigt. Mit der Förderung von kleinen PV-Dachanlagen werden vor allem einkommensstärkere Haushalte begünstigt, die solche Anlagen auf ihren eigenen Dächern installieren können, während einkommensschwache Haushalte eher zur Miete wohnen und mangels eines eigenen Dachs, vor allem aber mangels finanzieller Mittel, nicht die Möglichkeit haben, in eine eigene PV-Anlage zu investieren.

Die sich darin manifestierende soziale Ungerechtigkeit wurde lange Zeit noch dadurch gesteigert, dass die Kosten dafür bis Mitte des Jahres 2022 mit der sogenannten EEG-Umlage von allen Stromverbrauchern zu begleichen waren, nicht zuletzt auch von weniger wohlhabenden Haushalten, die sich keine solche Anlage leisten können. Erst seit Mitte des Jahres 2022 wird der Ausbau der Erneuerbaren aus staatlichen Mitteln bezahlt und die Stromverbraucher bleiben seither infolge des Entfalls der EEG-Umlage verschont.

Jede neue Anlage verschärft die Ungerechtigkeiten

Dennoch nimmt die soziale Ungerechtigkeit, die mit dem Dachanlagenausbau verbunden ist, mit jeder neuen Dachanlage weiter zu, denn private Haushalte, die sich eine PV-Anlage auf dem eigenen Dach leisten können, werden in vielfacher Weise begünstigt. So können sich diese Haushalte durch ihre Solarstromproduktion all jene Steuern, Entgelte und Abgaben auf den Strompreis ersparen, die die übrigen Haushalte mit jeder von ihnen verbrauchten Kilowattstunde Strom bezahlen müssen.

Darunter sind neben den Netzentgelten und der Stromsteuer zahlreiche Abgaben, etwa die KWK-Abgabe zur Förderung der Kraftwärmekopplung. Zusammen mit der Mehrwertsteuer, die auf alle diese Strompreiskomponenten zu zahlen ist, summiert sich dies aktuell auf etwas mehr als 20 Cent für jede Kilowattstunde, die Solarhaushalte nicht aus dem Stromnetz beziehen müssen, weil sie stattdessen den selbst produzierten Solarstrom nutzen können. Dieser Vorteil stellt eine weitaus höhere Subvention dar als die Vergütung von 8,03 Cent für die Einspeisung von Solarstrom ins öffentliche Netz und macht daher den weitaus größeren Anreiz aus, in eine PV-Anlage zu investieren.

Die übrigen Haushalte sind die Gekniffenen

Den übrigen, nicht begünstigten Haushalten entsteht so ein doppelter Nachteil: Diese müssen wegen der Flucht der Solarhaushalte aus dem allgemeinen Stromsystem höhere Netzentgelte entrichten. Und wegen erwartbar hoher Netzausbaukosten in dreistelliger Milliardenhöhe müssen sie sich auf weiter steigende Strompreise einstellen. Die Flucht aus dem Stromsystem wirkt somit selbstverstärkend. Übrig bleiben am Ende die Mittellosen. So weit darf es die Politik nicht kommen lassen! Vielmehr sollte sie das EEG nach einem Vierteljahrhundert der Erneuerbaren-Förderung schnellstens abschaffen, ebenso wie die Privilegien bei der Solarstromproduktion mit der eigenen Dachanlage.

 

Referenzen

Frondel, M., Ritter, N., Schmidt, C.M., Vance, C. (2010) Die ökonomischen Wirkungen der Förderung Erneuerbarer Energien: Erfahrungen aus Deutschland. Zeitschrift für Wirtschaftspolitik 59 (2), 107-133.

IEA (2007) Energy Policies of IEA Countries: Germany, 2007 Review. Internationale Energieagentur, OECD, Paris.

Autor:

Prof. Dr. Manuel Frondel ist außerplanmäßiger Professor für Energieökonomik und angewandte Ökonometrie an der Ruhr-Universität Bochum und Leiter des Kompetenzbereichs „Umwelt und Ressourcen“ am RWI.

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