Arbeitsmarkt: Viel besser wird es nicht
Die Zahl der Erwerbspersonen in Deutschland hat den Höhepunkt erreicht. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung kann in Zukunft kaum mit weiteren Steigerungen gerechnet werden. Das heißt aber nicht, dass die Politik nichts gegen einen möglichen Abwärtstrend tun kann. Im Kern gibt es drei Stellschrauben.
Die Anzahl der Erwerbspersonen umfasst Erwerbstätige zuzüglich der Erwerbslosen und beschreibt den Kreis der Personen, die – erfolgreich oder nicht – aktiv am Arbeitsmarktmarkt teilnehmen. Zusammen mit der durchschnittlichen Arbeitszeit determiniert sie das gesamtwirtschaftliche Arbeitsangebot – und damit die Menge an Gütern und Dienstleistungen, die maximal mit einer gegebenen Technologie und Kapitalausstattung produziert werden können. Sinkt die Anzahl der Erwerbspersonen und erfolgt keine Kompensation durch eine höhere Arbeitszeit, eine Reduzierung der Erwerbslosigkeit, mehr Kapitaleinsatz oder eine effizientere Technologie, reduziert sich der Wohlstand. Dies wird insbesondere dann zu Verteilungskonflikten führen, wenn die Bevölkerung insgesamt weniger stark schrumpft als die Bevölkerung im Erwerbsalter und in der Konsequenz jeder Erwerbstätige Einkommen für eine wachsende Anzahl nicht erwerbstätiger Personen erwirtschaften muss.
Seit 1991 ist die Anzahl der Erwerbspersonen um über 5 Millionen angestiegen, wobei verschiedene Zeitreihenbrüche einen langfristigen Vergleich erschweren. So sind insbesondere die Angaben aus dem Mikrozensus – eine von mehreren Quellen für die Bestimmung der Anzahl der Erwerbspersonen – ab 2020 nur bedingt mit Vorjahren vergleichbar (Statistisches Bundesamt, 2021a). Vor diesem Hintergrund kann zwar nicht abschließend beurteilt werden, inwieweit der aktuelle Rückgang der Erwerbspersonen in den Jahren 2020 und 2021 ein Resultat der Covid-Pandemie, ein statistisches Artefakt oder ein Resultat des Rückgangs der Bevölkerung im Erwerbsalter ist.
„Bis zum Jahr 2035 wird die Bevölkerung im Erwerbsalter von 15 bis 64 Jahren um weitere 3 Millionen schrumpfen.“
Gegen die These eines reinen Corona-Effekts spricht jedoch, dass in den betreffenden Jahren der Anteil der Erwerbspersonen an der Bevölkerung nicht gesunken ist, sondern weiter zugenommen hat. Diese Erwerbsquote hätte abnehmen müssen, wenn sich Menschen wegen der Corona-Krise vom Arbeitsmarkt zurückgezogen hätten. Auch die seit 2021 wieder anziehenden Stellenangebote sprechen gegen eine solche Vermutung: Personen aus der stillen Reserve, die nicht zu den Erwerbspersonen zählen, aber grundsätzlich an einer Erwerbstätigkeit interessiert sind, hatten schon im letzten Jahr gute Chancen für eine Rückkehr auf den Arbeitsmarkt.
Die parallele Betrachtung der Entwicklung von Erwerbspersonen und der Bevölkerung legt vielmehr nahe, dass der Rückgang der Bevölkerung immer weniger mit einer Erhöhung der Erwerbsneigung kompensiert werden kann (Grafik). Bis zum Jahr 2035 wird die Bevölkerung im Erwerbsalter von 15 bis 64 Jahren um weitere 3 Millionen schrumpfen. Bei dieser Vorausberechnung ist bereits eine vergleichsweise hohe Nettozuwanderung von 420.000 Personen pro Jahr bis 2023 und 320.000 in den Jahren bis 2035 unterstellt (Statistisches Bundesamt, 2021b). Zwar konnte diese Größenordnung der Zuwanderung seit 2012 überwiegend erreicht werden, eine Garantie für kommende Jahre ist das jedoch nicht.












