Aktiv in Rente – Volkswirtschaftliche Effekte steigender Erwerbsquoten von Menschen im Rentenbezug

Menschen im Ruhestand verfügen über ein hohes, ungenutztes Erwerbspotenzial. Gelingt es, dieses Potenzial durch geeignete Rahmenbedingungen besser zu nutzen und Rentnerinnen und Rentner neben ihrem Rentenbezug zu (mehr) Erwerbstätigkeit zu motivieren, entfaltet dies signifikante volkswirtschaftliche Effekte, führt individuell zu mehr Kaufkraft und erweitert die Konsummöglichkeiten.

Babyboomer mit hohem Erwerbspotenzial – auch im Ruhestand

In Zeiten von akutem und immer deutlicher werdendem Fachkräftemangel und in einer Phase schwacher wirtschaftlicher Entwicklung stellt sich die Frage, wie Deutschland wieder auf einen soliden Wachstumspfad zurückkehren kann. Angesichts der demografischen Entwicklung und dabei insbesondere mit Blick auf den Austritt der sogenannten Babyboomer-Generation aus dem Erwerbsleben, werden Maßnahmen diskutiert, die einen Beitrag dazu leisten können, den Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials zu reduzieren.

In einer aktuell erschienenen Studie zeigt beispielsweise die Bertelsmanns Stiftung sehr dezidiert die Beschäftigungspotenziale Älterer auf. Dabei wird vor allem die Gruppe von Menschen nahe des oder im Rentenalter in den Blick genommen. Hier werden finanzielle Anreize als eine Reformoption identifiziert, um (Teile) dieses Potenzial zu aktivieren.

Eine solche Reformmaßnahme ist die von der CDU vorgeschlagene Aktivrente. Die Aktivrente soll Älteren ein steuerfreies Weiterarbeiten in der Rente bis zu einer Grenze von 2.000 Euro im Monat ermöglichen. In einem von der INSM beauftragten Vorhaben hat Prognos die volkswirtschaftlichen Effekte einer steigenden Erwerbstätigkeit von Menschen im Rentenbezug in drei Szenarien quantitativ simuliert und im Zusammenhang mit den Kosten der Aktivrente betrachtet.

Zusätzliche Erwerbstätigkeit im Rentenalter bewirkt mehr Wertschöpfung, Einkommen und Konsum

Die Berechnungen wurden mit dem Modellapparat von Prognos durchgeführt, u. a. wurden Daten und Informationen aus dem Prognos Economic Outlook (PEO) zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen genutzt und im Rahmen einer Input-Output-Analyse umgesetzt. Für die Steuerzahlungen der älteren Erwerbstätigen wurde das SOEP-basierte Mikrosimulationsmodell verwendet.

Die Studie betrachtet die Auswirkungen einer höheren Erwerbsquote von Menschen in der Altersgruppe 65-69 Jahre, die bereits eine Altersrente beziehen, in drei Szenarien. Dabei werden annahmegemäß 50.000, 150.000 und 300.000 Mensche zusätzlich erwerbstätig. Diese Personen arbeiten in einem Pensum, bei dem sie durchschnittlich einen Bruttolohn von 24.000 Euro im Jahr verdienen.

Je nach Szenario ergibt sich für das Simulationsjahr 2025 ein Zuwachs an Bruttowertschöpfung in Höhe von 3,6 bzw. 18,2 Mrd. Euro. Die „aktivierten“ Rentnerinnen und Rentner verfügen individuell über mehr Einkommen und Konsummöglichkeiten, sie sorgen für Mehreinnahmen in den Sozialversicherungen sowie Steuereinnahmen. Die fiskalischen Effekte summieren sich im pessimistischen Szenario auf 1,3 Mrd. Euro, im optimistischen Fall auf 5,2 Mrd. Euro.

Die Aktivrente ermöglicht den älteren Erwerbstätigen ein steuerfreies Einkommen von bis zu 24.000 Euro im Jahr. Von dieser Regelung profitieren allerdings nicht nur neu aktivierte Rentnerinnen und Rentner, sondern auch diejenigen, die bereits zuvor erwerbstätig waren. Die Mitnahmeeffekte oder entgangene Steuereinnahmen dieser bereits heute erwerbstätigen älteren Menschen belaufen sich auf 1,6 Mrd. Euro. Das bedeutet rechnerisch: Ab einer zusätzlichen Beschäftigung von gut 72.000 Personen profitiert der Staatshaushalt von der Aktivrente.

Arbeit im Rentenbezug lohnt sich, erfordert aber flankierende Maßnahmen

Wissenschaftliche Untersuchungen und Befragungen zeigen, dass es möglich ist, Menschen trotz Rentenbezugs zur Weiterarbeit zu motivieren. Allerdings erfordert dies u. a. gesundheitsfördernde Maßnahmen, verbesserte Rahmenbedingungen in den Unternehmen, Weiterbildungskonzepte, aber auch „weiche“ Faktoren wie Wertschätzung. Finanzielle Anreize, wie die Aktivrente, sind ebenfalls ein wichtiges Element, aber tendenziell nur ein Baustein unter vielen. Im Kontext mit anderen Bausteinen gedacht, können mit entsprechenden Maßnahmen spürbare volkswirtschaftliche Effekte entfaltet werden.

Autor:

Hauke Toborg, Dr. Stefan Moog und Dr. Oliver Ehrentraut

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